Sex im Alter ist mehr als nur körperliche Lust

Sexualität im Alter gilt oft noch als Tabuthema. Warum ist das so? Und wie kann Intimität jenseits junger Jahre gelebt werden? Fragen wie diese und welche Rolle die Kommunikation in Beziehungen spielt, erklärt die Psychotherapeutin Ines Schweizer aus Luzern.

meineeltern.ch: Welche Bedeutung hat sexuelle Gesundheit im Alter?

Ines Schweizer: Eine erfüllende Sexualität und Intimität tragen in jedem Alter, insbesondere aber zwischen 60 und 80 Jahren, massgeblich zur Lebenszufriedenheit bei. Sie fördern die körperliche und psychische Gesundheit sowie das Gefühl der Verbundenheit und Wertschätzung in Beziehungen.

Dennoch gilt Sex im Alter immer noch als Tabuthema.

Leider ja. Sowohl Sexualität im Allgemeinen als auch speziell die Sexualität älterer Menschen werden oft noch tabuisiert, insbesondere wenn es um persönliche Erfahrungen geht.

Wie häufig haben ältere Menschen Sex? Gibt es Daten oder Erfahrungen über die sexuelle Aktivität im Alter?

Forschungen zeigen, dass zwischen 60- und 80-Jährigen grosse individuelle Unterschiede bestehen. Zwar kann es zu einem Rückgang sexueller Gedanken und der Häufigkeit sexueller Aktivitäten kommen, doch Intimität bleibt ein wichtiger Teil ihres Lebens. Interessanterweise haben einige Ältere sogar häufiger Sex als jüngere Erwachsene. Allerdings schränken verschiedene Lebensumstände, wie der Verlust des Partners oder das Leben in Pflegeeinrichtungen, die Möglichkeiten für sexuelle Beziehungen oft ein.

Frauen meist zwischen dem Ende ihrer 20er und Anfang 50 am sexuell aktivsten.

Wie beeinflussen die Wechseljahre die Sexualität der Frau?

Die Wechseljahre sind ein sehr individueller Prozess, der stark von persönlichen und lebensumständlichen Faktoren wie Familienstatus, Beziehungsqualität und gesundheitlichen Bedingungen abhängt. Eine pauschale Bewertung wird diesem komplexen Thema nicht gerecht.

In welchem Alter sind Frauen sexuell am aktivsten?

Studien deuten darauf hin, dass Frauen meist zwischen dem Ende ihrer 20er und Anfang 50 am sexuell aktivsten sind, wobei individuelle Unterschiede und Lebensumstände eine grosse Rolle spielen.

Bis in welches Alter kann man sexuell aktiv sein?

Es gibt keine obere Altersgrenze für sexuelle Aktivität. Mit zunehmendem Alter wird oft ein breiteres Spektrum an Intimität statt reiner Penetration gelebt.

Wann lässt der Sexualtrieb bei Männern nach?

Auch hier gibt es individuelle Unterschiede. Ab 40 kann ein Rückgang beobachtet werden, doch psychische, physische und soziale Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle.

Regelmässige Samenergüsse können das Risiko für Prostatakrebs senken.

Wie beeinflusst Sex die Prostatagesundheit?

Studien legen nahe, dass regelmässige Samenergüsse das Risiko für Prostatakrebs senken können, wobei ein gesunder Lebensstil generell von grösserer Bedeutung ist.

Gibt es auch Risiken, auf die hingewiesen werden sollte?

Mit dem Alter nimmt die Prostatagrösse natürlicherweise zu, was individuell verschieden Probleme verursachen kann. Eine regelmässige Vorsorgeuntersuchung ab 50 ist entscheidend zur Früherkennung von Prostatakrebs.

Wie lässt sich dem Thema mit Leichtigkeit, vielleicht sogar mit Humor begegnen?

Offene Kommunikation und das frühzeitige Besprechen von Wünschen und Bedürfnissen innerhalb der Beziehung sind essentiell. Humor und eine positive Einstellung können dabei helfen, das Thema Sexualität leichter zu machen und in der Beziehung zu integrieren.

Zur Person

Dr. Ines Schweizer ist eine Sexual- und Psychotherapeutin, die ihre eigene Praxis in Luzern führt. Ihr akademischer Weg begann mit einem Psychologiestudium, gefolgt von einer postgradualen Weiterbildung in kognitiver Verhaltenstherapie an der Universität Zürich. Ihre Promotion erlangte sie im Bereich der Sexualwissenschaft an der Medizinischen Hochschule Hannover D. Über ihre therapeutische Tätigkeit hinaus engagiert sich Dr. Schweizer in der publizistischen Arbeit und der Weiterbildung für Erwachsene.