10 000 Schritte pro Tag – sinnvoll für Seniorinnen und Senioren?
Wer 10 000 Schritte pro Tag macht, bleibt gesund, glauben viele. Während Gehen bestimmt positive Effekte auf die Gesundheit hat, besonders für das Herz-Kreislaufsystem, erfüllen 10 000 Schritte aber nicht die offiziellen Bewegungsempfehlungen des Bundes. Es sei darum vorteilhafter, sich auf verschiedene Sportarten und Aktivitäten zu konzentrieren, die Kraft und Gleichgewicht fördern und gleichzeitig das Sturzrisiko minimieren, erklärt der Bewegungsexperte Vincent Brügger im Gespräch mit meineeltern.ch. Er gibt zudem praktische Ratschläge, wie Senioren ihre Motivation aufrechterhalten und ihre Gelenke schonen können.
10 000 Schritte pro Tag – das Wichtigste in Kürze:
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Die Idee, dass 10 000 Schritte am Tag der Gesundheit guttun, geht auf die Olympischen Spiele 1964 in Tokio zurück. Worum es bei dieser Marketingstrategie ging
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Erwachsene sollten sich mindestens 150 Minuten pro Woche mit mittlerer Intensität oder 75 Minuten mit höherer Intensität bewegen. Diese Sporarten zählen dazu
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Gehen hat eine positive Wirkung für ältere Menschen, vor allem dann, wenn sie sich dabei auch ein bisschen anstrengen. Diese Vorteile hat Gehen
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Um die Gelenke zu schonen, sollte der Körper vor dem Gehen kurz aufgewärmt werden – zum Beispiel Fussgelenke drehen und Beine schwingen. Wie lange man aufwärmen sollte
In einer Zeit, in der körperliche Gesundheit und Wohlbefinden mehr denn je im Fokus stehen, gewinnt die einfache Aktivität des Gehens immer mehr an Bedeutung. Das tägliche Ziel von 10 000 Schritten wurde oft als Benchmark für einen aktiven Lebensstil angepriesen. Doch ist es wirklich sinnvoll? Welche Vorteile oder Herausforderungen bringt es mit sich, täglich 10 000 Schritte zu gehen? Vincent Brügger, Leiter Bewegung, Bildung und Kultur bei Pro Senectute Schweiz beantwortet diese Fragen.
meineeltern.ch: Herr Brügger, ist das Ziel von 10 000 Schritten für Senioren besonders sinnvoll oder gibt es alternative Bewegungsziele?
Vincent Brügger: Die Idee, dass 10 000 Schritte am Tag der Gesundheit guttun, geht auf die Olympischen Spiele 1964 in Tokio zurück. Damals brachte eine japanische Firma den ersten kommerziellen Schrittmesser heraus. Als Marketingstrategie wählte sie die pfiffige Botschaft, 10 000 Schritte am Tag! Der PR-Gag war so erfolgreich, dass der Aufruf heute, 60 Jahre später, weltweit noch immer bekannt ist und befolgt wird. Die simple Botschaft wirkt zwar motivierend und führt zu einem aktiven Lebensstil, was sehr gut ist. Doch die Idee, mit 10 000 Schritten täglich effizient den Körper zu fordern, ist ein Märchen. Denn die Bewegungsempfehlungen der Schweiz erfüllt sie nicht.
Wie lauten die Empfehlungen der Schweiz?
Erwachsene sollten sich mindestens 150 Minuten pro Woche mit mittlerer Intensität oder 75 Minuten mit höherer Intensität bewegen – so das Bundesamt für Sport. Dabei zählen alle Sportarten, aber auch Alltagsaktivitäten wie zum Beispiel Radfahren, mit schnellem Schritt einkaufen gehen und im Garten arbeiten. Zusätzlich ist ein Kraft- und Gleichgewichtstraining an zwei oder mehr Tagen notwendig, um dem Abbau der Muskelkraft vorzubeugen, vielleicht sogar mehr Kraft aufzubauen und Stürze zu vermeiden.
Lieber weniger Schritte machen, dafür auch andere Sportarten berücksichtigen.
Warum erfüllen 10 000 Schritte am Tag nicht diese Empfehlungen?
Einfaches Gehen erfordert in der Regel keine mittlere oder höhere, sondern nur eine geringe Bewegungsintensität. Sie liegt deutlich unter anderen Sportarten wie zum Beispiel Radfahren, Schwimmen oder Rudern. Der Weg, den die Empfehlungen weisen, ist zielführend. Also lieber weniger Schritte machen, dafür aber auch andere Sportarten berücksichtigen!
Wie kann das Gehen von 10 000 Schritten pro Tag den Abnehmprozess unterstützen? Wie viele Kalorien verbrennt man dabei ungefähr?
Der Kalorienverbrauch ist relativ gering. Um 10 000 Schritte zu machen, ist man mehrere Stunden auf den Beinen. Frauen verbrauchen in dieser relativ langen Zeit insgesamt nur 280 bis 450 Kilokalorien, Männer 340 bis 530 Kilokalorien.
Wie verhält sich der Kalorienverbrauch von 10 000 Schritten im Vergleich zu anderen Aktivitäten, die für Senioren geeignet sind?
Zum Vergleich: Bei anderen Sportarten wie Radfahren, Schwimmen oder Basketball verbraucht der Körper 300 Kilokalorien allein in 30 Minuten. Jüngere, fitte Senioren, die Seilspringen oder Squash spielen, verlieren in 30 Minuten sogar 500 Kilokalorien.
10 000 Schritten müssen also nicht täglich erreicht werden. Doch hat das Gehen an sich gesundheitlichen Vorteile und langfristige Auswirkungen für Senioren?
Ja, Gehen hat grundsätzlich eine positive Wirkung für ältere Menschen, vor allem dann, wenn sie sich dabei auch ein bisschen anstrengen. Gehen stabilisiert langfristig das Herz-Kreislaufsystem – das ist der Hauptvorteil. Es regt die Durchblutung an, senkt den Blutdruck, fördert den Muskelerhalt und den Stoffwechsel. Auf einem Weg durch die Natur können Senioren und Seniorinnen gut entspannen. Und führt der Weg durchs Dorf, treffen sie vielleicht Nachbarn und Bekannte, sodass sie ihre Kontakte festigen können.
Nicht nur der Körper profitiert vom Gehen auch die geistige Fitness.
Welche spezifischen Vorteile bietet das Gehen in Bezug auf die Knochengesundheit, Osteoporose und die geistige Fitness im Alter?
Knochen müssen aktiv genutzt werden, da sie sich andernfalls abbauen. Der Aufbau von Knochengewebe wird besonders durch Bewegungen gefördert, die die Knochen regelmässig mit dem eigenen Körpergewicht belasten. Hierzu gehören natürlich Aktivitäten wie Gehen, Treppensteigen oder Joggen. Übrigens, beim Gehen werden die Gelenke wenig belastet, denn die Bewegungen sind sanft. Daher ist Gehen auch für Menschen mit Arthrose empfehlenswert – am besten auf weichem Untergrund. Auch die geistige Fitness profitiert vom Gehen. Wir kennen alle den erfrischenden und entspannenden Effekt eines 30-minütigen Spaziergangs. Denn wenn der Kreislauf in Schwung kommt und sich die Muskeln bewegen, werden Glückshormone und schmerzlindernde Hormone wie Serotonin und Dopamin ausgeschüttet.
Welche Schuharten sind besonders geeignet und wie können Senioren ihr Sturzrisiko beim Gehen minimieren?
Empfehlenswert sind stabile und gedämpfte Sportschuhe mit rutschhemmenden Sohlen. Statt stets dasselbe Paar überzustreifen, ist es sinnvoll, drei verschiedene Paare abwechselnd zu nutzen. Denn je nachdem, welche Schuhe an den Füssen sind, ist der Körper mit seinen Muskeln auf eine andere Weise neu gefordert. So kann man bei einer längeren Wanderung den besonders stabilen Schuh wählen, bei kleineren oder leichteren Etappen den jeweils leichteren Schuh. Regelmässiges Kraft- und Gleichgewichtstraining minimiert das Sturzrisiko.
Wie können Senioren ihre Gelenke schonen und gibt es empfohlene Gehpausen oder Dehnübungen während der Spaziergänge?
Um die Gelenke zu schonen, sollte der Körper vor dem Gehen kurz aufgewärmt werden – zum Beispiel Fussgelenke drehen und Beine schwingen! Vorausgesetzt, der Körper ist warm, sind Dehnübungen sowohl am Anfang, in der Mitte oder auch am Ende des Spaziergangs oder der Wanderung passend. Jede Dehnung sollte mindestens 30 Sekunden dauern. Wenn sich Müdigkeit einstellt und die Schritte unsicherer werden, ist Zeit für eine Pause!
Inwiefern entsprechen 10 000 Schritte einer bestimmten Kilometerzahl und wie variiert dies je nach Schrittlänge?
Ein Schritt ist im Schnitt etwa 80 Zentimeter lang. Daher entsprechen 10 000 Schritte etwa acht Kilometern.
Welche Ratschläge haben Sie für Senioren, um langfristig motiviert zu bleiben und sich regelmässig zu bewegen?
Ich rate immer dazu, einen Sporttermin in der Woche mit anderen Menschen zusammen wahrzunehmen. Das heisst zum Beispiel: An einem Yoga-Kurs teilnehmen, sich einer Fahrrad-Gruppe anschliessen oder sich mit einem Freund oder einer Freundin zum Walken verabreden. So fällt es leichter, sich aufzuraffen, wenn es regnet oder das Sofa besonders gemütlich erscheint. Ein zweiter Bewegungs- oder Sporttermin in der Woche lässt sich dann allein wahrnehmen.
Bewegungsangebote für Seniorinnen und Senioren:
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Das SFR bietet das Bewegungstraining Bliib fit – mach mit! an
- sichergehen.ch enthält einen Bewegungstest, der sich in wenigen Minuten machen lässt. Anschliessend wird ein spezielles Bewegungsprogramm empfohlen.
- Bewegungs- und Sportangebote von Pro Senectute
Zur Person:
Vincent Brügger ist Leiter Bewegung, Bildung und Kultur bei Pro Senectute.