Was macht ein Beistand und wie viel kostet er?
Demenz, Altersschwäche, eine schwere Krankheit: Die Gründe, wieso man einen Beistand oder eine Beiständin benötigt, können vielseitig sein. Aber einfach so erfolgt eine Anordnung nicht. Nur wenn eine Person Alltagsaufgaben nicht richtig erledigen kann und es keine Person gibt, der sie erforderliche Vollmachen erteilt hat, kann ein Beistand oder eine Beiständin nötig werden.

Beistand – das Wichtigste in Kürze:
- Ein Beistand hat die Aufgabe, das Wohl und den Schutz einer hilfsbedürftigen Person sicherzustellen. Was heisst das genau?
- Das Erwachsenenschutzrecht kennt keine Beiratsschaften und keine Vormundschaften mehr. Was gilt neu?
- Die Gründe, weshalb man einen Bestand erhält, sind vielfältig. Mehr dazu erfahren
- Jede Person kann der Erwachsenenschutzbehörde eine Meldung machen, wenn sie das Gefühl hat, eine Person benötige Hilfe oder Schutz. Ist eine anonyme Meldung sinnvoll?
- Was soll man tun, wenn man sich mit dem Beistand oder der Beiständin nicht versteht? Wie man sich wehrt
Walter, 79 Jahre, wird immer vergesslicher. Immer häufiger passiert es ihm, dass Rechnungen liegen bleiben oder er die Post im Briefkasten vergisst. Seine Sorgen erzählt er seiner jüngeren Schwester Martha. Er habe grosse Angst, dass er irgendwann bevormundet werde und er nicht mehr allein über sein Leben bestimmen könne. Seine Schwester schlägt ihm daraufhin einen Beistand vor.
Was macht ein Beistand für Erwachsene?
Das hängt vom Bedarf der hilfsbedürftigen Person ab. Für jede Beistandschaft wird genau bestimmt, welche Aufgaben der Beistand hat. Mögliche Aufgabenbereiche sind zum Beispiel Wohnen, Gesundheit, finanzielle oder administrative Angelegenheiten. Weiter wird festgehalten, welche Handlungsmöglichkeiten der Beistand hat, um seine Aufgaben zu erledigen: Beratung und Unterstützung, Mitwirkung oder Vertretung. «Ein Beistand muss aber nicht die Wohnung putzen, kochen oder einkaufen. Auch ist er nicht persönlich für die medizinische Betreuung zuständig», sagt Ursula Wohlfender, Juristin bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Stadt Zürich.
Das Erwachsenenschutzrecht kennt keine Beiratsschaften und keine Vormundschaften mehr. Dafür gibt es Beistandschaften. Sie hängt vom Bedarf der Betroffenen ab. Es gibt vier verschiedene Arten:
Begleitbeistandschaft
Sie ist für jemanden gedacht, der urteilsfähig ist und mit dem Beistand gut kommunizieren kann. Betroffene benötigen für bestimmte Aufgabenbereiche begleitende Unterstützung. Der Beistand oder die Beiständin hat dann kein Vertretungsrecht, sondern steht nur beratend zur Seite. Beispiel: Die Beistandsperson hilft bei der Stellen- oder Wohnungssuche.
Vertretungsbeistandschaft
Wenn die Betroffenen bestimmte Geschäfte nicht selbst erledigen können und Vertretung benötigen, kann diese Art Sinn machen. Im Rahmen der Vertretungsbeistandschaft kann der Beistand oder die Beiständin für die betroffene Person handeln. Die betroffene Person muss sich diese Vertretungshandlungen anrechnen lassen. «Diese Art der Beistandschaft ist die häufigste Art», sagt Ursula Wohlfender. Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person ist durch die Vertretungsbeistandschaft grundsätzlich nicht eingeschränkt. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) kann allerdings die Handlungsfähigkeit einschränken, wenn das erforderlich ist.
Mitwirkungsbeistandschaft
Diese Art wird aktuell, wenn die Gefahr besteht, dass eine Person Rechtshandlungen zu ihrem Schaden vornimmt (z.B. durch Eingehen finanzieller Verpflichtungen, die sie sich nicht leisten kann, oder durch Abschluss unvorteilhafter Geschäfte). Die Kesb kann anordnen, dass Betroffene für bestimmte Handlungen jeweils das Einverständnis des Beistands einholen müssen. Erst wenn eine Zustimmung erteilt wurde, werden die Handlungen rechtskräftig. Beispiel: Abschluss eines Handy-Abonnements.
Umfassende Beistandschaft
Diese Art wird dann nötig, wenn jemand dauerhaft urteilsunfähig ist und sich mit seinen Handlungen gefährdet und darum hilfsbedürftig ist. Mit ihrer Errichtung entfällt die Handlungsfähigkeit von Gesetzes wegen. Beispiel: Jemand benötigt sehr viel Hilfe und muss in allen alltäglichen Geschäften vertreten werden.
Wer bekommt einen Beistand?
Sehr viele Menschen können trotz schwerer Erkrankungen und/oder Beeinträchtigungen ihren Alltag und ihre Angelegenheiten selber erledigen oder selber die erforderliche Hilfe organisieren. In solchen Situationen ist kein staatliches Eingreifen erforderlich. Eine Beistandschaft wird erst dann angeordnet, wenn die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch Dritte nicht ausreicht oder von vornherein als ungenügend erscheint und auch keine ausreichende eigene Vorsorge getroffen worden ist.
Bleibe ich mit einem Beistand handlungsfähig?
Ob eine hilfsbedürftige Person handlungsfähig bleibt, hängt von der Art der Beistandschaft ab. Bei einer Beistandschaft, die umfassend ist, ist man nicht mehr handlungsfähig. Bei einer Vertretungsbeistandschaft bleibt man grundsätzlich handlungsfähig, je nach Notwendigkeit kann die Handlungsfähigkeit für bestimmte Bereiche eingeschränkt werden.
Wer entscheidet über eine Beistandschaft?
Jede Person kann der Kesb eine Meldung machen, wenn sie das Gefühl hat, eine Angehörige oder Drittperson benötige Hilfe oder Schutz. Man kann auch für sich selbst einen Beistand beantragen. Nachdem die Behörde eine Meldung erhalten hat, leitet sie ein Verfahren ein. Sie macht Abklärungen, hört die betroffene Person an und fällt dann den Entscheid, ob ein Beistand nötig ist.
Eine Meldung an die Behörde kann auch anonym erfolgen. Die Kesb der Bezirke Winterthur und Andelfingen ZH rät jedoch von anonymen Meldungen ab. Solche Meldungen seien kaum zielführend. Zudem seien sie unfair gegenüber der betroffenen Person und würden die Arbeit der Behörde erschweren und unnötige Kosten verursachen.
Wer kann Beistand werden?
Jede Person, die persönlich und fachlich geeignet dafür ist und auch die Zeit hat, die Aufgabe persönlich wahrzunehmen. Es gibt Beistände, die das Amt als Beruf ausüben und bei der Gemeinde angestellt sind. Jede hilfsbedürftige Person darf Vorschläge zur Person des Beistands oder der Beiständin machen.
Das kann jemand aus der eigenen Familie oder aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis sein. Die Behörde muss dem Wunsch nachkommen, wenn diese Person für das Amt geeignet ist und sich auch bereit erklärt hat, das Amt auszuüben. Ursula Wohlfender sagt: «In manchen Fällen raten wir aber von privaten Beiständen wie Familienangehörigen ab. Zum Beispiel, wenn das Familienverhältnis stark belastet ist.»
Kann man sich gegen eine Verbeiständung wehren?
Wer mit der behördlichen Massnahme nicht einverstanden ist, kann eine Beschwerde gegen den Entscheid der Behörde beim zuständigen Gericht erheben. Ist man aus persönlichen Gründen mit der Wahl des Beistands nicht einverstanden, kann man dies bei der Kesb melden. Die Kesb kann aus wichtigen Gründen, zum Beispiel, wenn eine Zusammenarbeit mangels Vertrauens nicht möglich ist, einen Wechsel des Beistands anordnen.
Wer auch mit einer Handlung seines Beistands nicht einverstanden ist, kann die Unstimmigkeit direkt mit ihm besprechen. Falls das zu nichts führt, kann man eine Meldung an die Behörde machen. Das gilt auch dann, wenn man überzeugt ist, dass sich der Beistand nur ungenügend um einen kümmert. Beispiel: Der Beistand will der betroffenen Person für die Freizeit kein Geld geben. Der Beistand muss der Person aber einen angemessenen Betrag zur Verfügung stellen. Die Höhe des Betrages hängt von den finanziellen Verhältnissen ab. Mit dem Geld kann die betroffene Person tun, was sie will. Wenn sich der Beistand weiterhin wehrt, ihr das Geld zu geben, kann man sich an die Kesb wenden.
Aber: «Man kann eine Beistandschaft nicht einfach kündigen. Auch dann nicht, wenn man die Beistandschaft selber beantragt hat», merkt Ursula Wohlfender an. Wer keinen Beistand mehr haben möchte, muss bei der Kesb das Aufheben der behördlichen Massnahme formell beantragen. Dieses Gesuch kann man jederzeit stellen. Die Kesb hat einen Aufhebungsantrag sorgfältig zu prüfen, und abzuklären, ob dem Wunsch entsprochen werden kann.
Wann hört eine Beistandschaft auf?
Eine Beistandschaft endet mit dem Tod der hilfsbedürftigen Person oder wenn die Kesb die Beistandschaft aufhebt.
Was kostet ein Beistand in der Schweiz?
Beistände haben Anrecht auf eine Entschädigung und den Ersatz der notwendigen Spesen aus dem Vermögen der betroffenen Person. Die Entschädigung für einen Beistand ist kantonal geregelt. Die jeweilige Kesb legt die Höhe der Entschädigung fest. Sie berücksichtigt unter anderem den Umfang der übertragenen Aufgaben des Beistands. Grundsätzlich übernimmt die betreute Person die Kosten. Fehlt das Geld, übernimmt die öffentliche Hand die Entschädigung.