Finanzen

Erbe ausschlagen: Vorgehen, Kosten, Risiken

Zu erben heisst nicht immer, viel Geld zu erhalten. Und das Recht zu erben, bedeutet auch nicht, das Erbe annehmen zu müssen. Hinterlässt die verstorbene Person ein Schuldenberg, übernimmt man diesen als Erbe. Wer das nicht will, kann die Erbschaft ausschlagen.

Wer die Erbschaft ausschlägt, verzichtet auf alle Vermögenswerte.
Wer die Erbschaft ausschlägt, verzichtet auf alle Vermögenswerte. © simpson33 / iStock / Getty Images Plus

Erbe ausschlagen – das Wichtigste in Kürze:

Als Erben muss man entscheiden, ob man den Nachlass annehmen oder ausschlagen will. Wer die Erbschaft annimmt, nimmt auch die Schattenseiten auf sich. Macht es dann Sinn, das Erbe auszuschlagen?

Was muss man beachten, wenn man eine Erbschaft ausschlägt?

Wenn jemand den Nachlass nicht annehmen will, muss diese Person dies der zuständigen Behörde am letzten Wohnsitz der verstorbenen Person mitteilen. Dies muss sie mit einem eingeschriebenen Brief innerhalb von drei Monaten tun.

Danach geht der ausgeschlagene Erbteil an die gesetzlichen Erben. Diese haben ebenfalls drei Monate Zeit, das Erbe auszuschlagen. Wenn alle Erben das Erbe ausschlagen, wird die Erbschaft durch das Konkursamt des letzten Wohnkantons der verstorbenen Person liquidiert. Ist noch Vermögen vorhanden, wird diese zur Deckung von Schulden eingesetzt.

Wie schnell muss man ein Erbe ausschlagen?

Wer das Erbe nicht will, hat drei Monate Zeit, um den Nachlass abzulehnen. Lässt man die Frist verstreichen, so gilt das Erbe als angenommen. Man übernimmt damit alles Vermögen und alle Schulden.

Wie schlage ich ein Erbe aus in der Schweiz?

Wer ein Erbe ausschlagen will, muss als Erbe zum Nachlassgericht und sich dort ausweisen. Man kann ein Erbe weder am Telefon noch per E-Mail ausschlagen. Eine Ausschlagung des Erbes kann man Wohnsitz des Erblassers oder am Wohnsitz des Erbes vornehmen. Sie muss aber in jedem Fall persönlich geschehen.

Als Alternative kommt auch ein Rechtsanwalt für Erbrecht infrage. Er leitet eine Erklärung zum Erbverzicht an das Nachlassgericht weiter.

Man benötigt aber nicht zwingend einen Anwalt, um ein Erbe auszuschlagen. Je nach Situation macht es aber Sinn, sich an einen Experten zu wenden. Dr. André Kalbermatter, Rechtsanwalt und Experte im Erbrecht aus Bülach ZH: «Der Beizug von anwaltlicher Unterstützung ist dann angesagt, wenn es eben gerade unklar ist, ob man auf das Erbe verzichten will oder nicht und zuerst Abklärungen getroffen werden müssen.»

Was darf man behalten, wenn man das Erbe ausschlägt?

Lehnt man das Erbe ab, ist es nicht möglich, nur das Vermögen oder Wertgegenstände anzunehmen oder die Schulden auszuschlagen. Wer den Nachlass nicht will, verzichte also auf Vermögen, die Schulden und auf persönliche Dinge des Erblassers oder der Erblasserin.

Wie kann ich verhindern, dass ich Schulden erbe?

Um herauszufinden, ob die verstorbene Person beim Tod überschuldet war, kann man sich über die letzte Steuererklärung, die Bankauszüge oder den Betreibungsauszug der verstorbenen Person informieren. Diese Informationen erhält man in der Regel gegen das Vorweisen eines Erbscheins. Liegt kein Testament oder ein Erbvertrag vor, können Erben einen Erbschein beantragen.

Ein Überblick über die finanziellen Verhältnisse der verstorbenen Person gibt auch ein öffentliches Inventar. Ein öffentliches Inventar listet alles vorhandene Vermögen auf. Auch erfährt man Schulden der verstorbenen Person.

Dafür werden die Gläubiger des Verstorbenen im Amtsblatt oder in einer Tageszeitung aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden. In der Regel bleibt ihnen dafür ein Monat Zeit. Ist das Inventar abgeschlossen, müssen sich die Erben entscheiden, ob sie den Nachlass ausschlagen wollen. Dafür haben sie einen Monat Zeit.

Dr. André Kalbermatter sagt: «Ein öffentliches Inventar sollte vor allem dann beantragt werden, wenn die vermögensrechtliche Situation komplex ist.» Ein Beispiel: Ein Erblasser oder eine Erblasserin war selbstständig tätig über eine Einzelfirma. Das Risiko ist in diesen Fällen grösser, dass künftig noch Forderungen von Lieferanten auftauchen, welche nirgends vermerkt sind. «Sich nur auf Betreibungsauszüge, Bankauszüge und die Steuererklärung zu verlassen, ist insofern in komplexen Vermögensverhältnissen ein Risiko, als nicht sichergestellt ist, dass daraus alle Schulden ersichtlich sind.» Nur die wenigsten Personen würden in ihrer Steuererklärung auch wirklich alle Schulden aufführen.

Das öffentliche Inventar hat aber einen grossen Nachteil: Die Person, welche es beantragt, muss für die Kosten aufkommen, wenn im Nachlass nicht genügend finanzielle Mittel vorhanden sind. «Das können dann rasch einige tausend Franken sein», sagt Dr. Kalbermatter.

Wer zahlt die Schulden, wenn das Erbe ausgeschlagen wird?

Schlägt man ein Erbe aus, ist das wie ein Konkurs zu Lebzeiten. Das Konkursamt liquidiert die Hinterlassenschaft des Erblassers. Die Gläubiger erhalten in der Folge einen Verlustschein. Sollten die Schulden nicht vollständig beglichen worden sein, und besteht ein Überschuss, so wird dieser an die Erben verteilt.

Wie ist die Reihenfolge bei Erbausschlagung?

Auf die Reihenfolge der Erben beim Ausschlagen eines Erbes können Erben keinen direkten Einfluss nehmen: Sie erfolgt automatisch. Danach erhalten die Nachkommen den Erbteil und müssen dann für sich entscheiden, ob sie das Erbe annehmen oder ebenso ausschlagen.

Was kostet es, wenn man ein Erbe ausschlägt?

Die Nachlassbehörde leitet nach dem Eingang einer Ausschlagungserklärung ein Verfahren ein. In der Regel erhalten die ausschlagenden Erben daraufhin eine Verfügung, die bestätigt, dass die Erbausschlagung zu Protokoll genommen wurde. Die Prozesskosten übernehmen die ausschlagenden Personen. Die Kosten betragen in der Regel 150 Franken. Hinzukommen Kosten für das Abklären der Stellung der Erben.

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