Finanzen

Ergänzungsleistungen in der Schweiz: Sicherung des Existenzminimums

In der Schweiz bieten Ergänzungsleistungen eine finanzielle Unterstützung für Personen, deren AHV- oder IV-Rente nicht ausreicht, um ihre minimalen Lebenskosten zu decken. Diese Unterstützung wird durch monatliche Beiträge gewährleistet, die auch Krankheits- und Behinderungskosten abdecken, solange sie nicht bereits durch andere Versicherungen gedeckt sind. Wie werden Ergänzungsleistungen berechnet und welchen Einfluss hat eine Schenkung? Erfahren Sie mehr in diesem Artikel.

Ergänzungsleistungen helfen Rentnern über die Runden zu kommen.
Ergänzungsleistungen helfen Rentnern über die Runden zu kommen. © Pixabay / Pexels

Ergänzungsleistungen – das Wichtigste in Kürze:

Hans Meier hat als Elektromonteur sein Leben lang gearbeitet. Jetzt ist er pensioniert. Seine AHV-Rente reicht nicht zum Leben: Ende Monat ist sein Konto im Minus. Kurz: Er hat mehr Ausgaben als Einnahmen. Hans Meier ist nicht auf sich allein gestellt: Der Senior hat unter Umständen Anrecht auf Ergänzungsleistungen (EL).

Was sind Ergänzungsleistungen in der Schweiz?

Ergänzungsleistungen helfen Personen, wenn sie mit ihrer AHV- oder IV-Rente ihre minimalen Lebenskosten nicht decken können. Es sind finanzielle Beiträge, die monatlich ausbezahlt werden, um den Betroffenen ihr Existenzminimum zu sichern. Die Beiträge vergüten zudem Krankheits- und Behinderungskosten.

Krankheits- und Behinderungskosten

Personen, die Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben, können zusätzlich Krankheits- und Behinderungskosten zurückerstatten lassen. Die Kosten erhält man aber nur zurück, wenn sie nicht schon durch eine Versicherung wie Krankenkasse, Unfall-, Haftpflicht- oder Invaliditätsversicherung übernommen wurden.

Berechnung von Ergänzungsleistungen

Die Höhe der jährlichen Ergänzungsleistungen ist individuell. Die Höhe hängt von der wirtschaftlichen Situation und den persönlichen Verhältnissen der Person ab. Sie ergeben sich – vereinfacht erklärt – von den Einnahmen wie Rente, abzüglich der Ausgaben wie Bruttomiete.

Wann hat man Anspruch?

Die wichtigste Voraussetzung ist: Die Person bezieht eine AHV- oder IV-Rente oder ein IV-Taggeld für mindestens sechs Monate.

Zusätzlich muss die Person:

  • in der Schweiz wohnen
  • höhere Ausgaben als Einnahmen haben
  • wenn sie eine ausländische Staatsangehörigkeit hat, eine gültige Aufenthaltsbewilligung besitzen und seit zehn Jahren in der Schweiz leben
  • wenn sie geflüchtet oder staatenlos ist und mindestens fünf Jahre in der Schweiz leben.

Wie Vermögen die Höhe der Ergänzungsleistungen beeinflusst

Personen, die mehr als 100000 Franken besitzen, können keine Ergänzungsleistung beantragen. Die Obergrenze bei Ehepaaren liegt bei 200000 Franken, bei Kindern 50000 Franken. Nicht inbegriffen ist der Besitz von Häusern und Wohnungen, die man selbst bewohnt. Ferienwohnungen und vermietete Liegenschaften werden hingegen angerechnet.

Wenn Sie auf einen Teil Ihres Vermögens verzichten, kann dies bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen berücksichtigt werden. Ein Verzicht auf Vermögen bedeutet, dass Sie etwas von Wert verkauft oder verschenkt haben, ohne dafür etwas Gleichwertiges oder eine Pflicht dazu zu haben.

Beispiele für die Berechnung des Vermögensverzichts: 

Wenn Sie mehr als 100 000 Franken besitzen: Wenn Sie innerhalb eines Jahres mehr als 10 % Ihres Vermögens ausgeben, wird der Betrag, der diese 10 % übersteigt, als Vermögensverzicht betrachtet.

Wenn Sie weniger als 100 000 Franken besitzen: Wenn Sie mehr als 10 000 Franken in einem Jahr ausgeben, wird dieser Betrag als Vermögensverzicht angesehen. Es gibt jedoch Ausnahmen. Wenn Sie Geld für wichtige Dinge ausgeben, wie Ihren Lebensunterhalt, die Instandhaltung Ihrer Immobilie oder berufliche Weiterbildungen, wird dieser Betrag nicht als Vermögensverzicht gerechnet.

Wird die Schenkung angerechnet?

Das Vermögen, auf das eine Person freiwillig verzichtet, zum Beispiel durch eine Schenkung oder einen Erbvorbezug an die Nachkommen, fliesst in die Berechnung von Ergänzungsleistungen mit ein. Als freiwilliger Verzicht werden Ausgaben angesehen von mehr als zehn Prozent des Vermögens pro Jahr. 

Ergänzungsleistungen: Wird die Miete angerechnet?

Seit 2021 profitieren Empfängerinnen und Empfänger von Ergänzungsleistungen von einer günstigeren Mietkostenanrechnung. Statt der bisher geltenden jährlichen Pauschalen von 13 200 Franken für Einzelpersonen und 15 000 Franken für Ehepaare, orientiert sich die Anrechnung nun an drei definierten Mietregionen. Welche Gemeinde zu welcher Mietregion gehört, lässt sich in der detaillierten Übersicht der Mietzinsregionen nachvollziehen. 

Berechnungsbeispiel: 

Nehmen wir das Beispiel einer Familie aus der Mietregion 1: Ein Ehepaar hat drei Kinder. Bei der Kalkulation des Mietzinsmaximums wird hier der Tarif für eine vierköpfige Familie angewandt. Dies bedeutet, dass nun jährlich bis zu 25 200 Franken für die Miete angerechnet werden können, im Gegensatz zu den vorherigen 15 000 Franken.

Wann beginnt der Anspruch auf Ergänzungsleistungen?

Sobald man die Anmeldung eingereicht hat, gilt der Anspruch im selben Monat.

Ergänzungsleistungen beantragen: So gehen Sie vor

Wer sich für Ergänzungsleistungen anmelden will, muss dies schriftlich tun. Meist sind die AHV-Zweigstellen im Wohnkanton für die Anmeldung zuständig. Eine Übersicht der kantonalen AHV-Zweigstellen finden Sie hier.

Berechnen Sie Ihren Anspruch

Wer wissen möchte, ob er einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen hat, kann dies online mit einem Rechner herausfinden. Die Berechnung ist keine Anmeldung. Der Rechner richtet sich an Personen, die zu Hause wohnen. Zum Rechner geht es hier lang. Wer in einem Heim wohnt, sollte sich an die Heimleitung wenden, die einen über die Ergänzungsleistungen informieren.

Rückzahlung von Ergänzungsleistungen 

Es gibt klare Regelungen darüber, wann und in welchem Umfang Ergänzungsleistungen zurückgezahlt werden müssen. Die Rückzahlungspflicht lässt sich in zwei Kategorien einteilen:

Korrektur unrechtmässig bezogener Leistungen:

Sollten sich im Nachgang ergeben, dass Sie während des Bezugs von EL über mehr Vermögen verfügten als ursprünglich angegeben, ergibt sich eine Rückzahlungspflicht. Hierbei handelt es sich um den Betrag, der Ihnen basierend auf den ursprünglichen, nun aber korrigierten Angaben, zu viel ausgezahlt wurde.

Rückerstattungspflicht nach dem Tod des Leistungsbeziehers

Nach dem Ableben einer EL-beziehenden Person kann eine Rückerstattungspflicht für die Erben entstehen. Diese bezieht sich auf EL, die in den zehn Jahren vor dem Todesfall bezogen wurden. Allerdings wird die Rückerstattung nur fällig, wenn das Vermögen des Verstorbenen 40 000 Franken übersteigt. Dabei ist ausschliesslich das Vermögen zum Zeitpunkt des Todes massgebend. Diese Regelung gilt nur für EL, die nach dem 1. Januar 2021 ausgezahlt wurden. Bei verheirateten Paaren tritt die Rückerstattungspflicht erst nach dem Tod beider Partner in Kraft. Hierbei ist das gemeinschaftliche Vermögen zum Zeitpunkt des Todes des zuletzt verstorbenen Partners relevant.

Erben werden zur Kasse gebeten

Mit der Gesetzesänderung müssen Erben seit 2021 Ergänzungsleistungen zurückbezahlen – auch dann, wenn der Erblasser diese in den Vorjahren rechtmässig bezogen hat. Sie müssen die Beträge aus dem Nachlass zurückzahlen, wenn dieser sich auf mehr als 40000 Franken beläuft.

Fällt der Nachlass tiefer aus, muss man keine Beiträge zurückerstatten. Aus erbrechtlicher Sicht macht dieser Systemwechsel die Nachlassabwicklung komplizierter. Es lohnt sich darum, diese Änderung in der Nachlassplanung zu berücksichtigen.

230 000 Pensionäre beziehen Ergänzungsleistungen nicht

Rund 230 000 ältere Menschen in der Schweiz, die Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben, beziehen diese nicht. Dies geht aus einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften für Pro Senectute hervor. Hauptgründe für den Nichtbezug sind mangelndes Wissen, Angst, Scham und bürokratische Hürden. Besonders betroffen sind Frauen, Verwitwete, ausländische Staatsangehörige und Personen ohne höhere Bildung, wobei ein Grossteil in ländlichen Gebieten lebt. Pro Senectute erwartet in Zukunft einen steigenden Bedarf an EL aufgrund der Alterung der Gesellschaft und steigender Lebenskosten.

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