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Blasentraining: Wie man die Blase auch im hohen Alter trainieren kann

DefinitionNotwendigkeitBlasentrainingÜbungenAlltagnach Katheterentfernung
mit einem DauerkatheterErfahrungsbericht

Leiden Sie oder Ihre Eltern an einer überaktiven Blase? Durch spezifisches Blasentraining können Sie lernen, den Urin besser zu kontrollieren und die Häufigkeit von Toilettengängen zu reduzieren. Blasentraining ist besonders nach dem Entfernen eines Katheters oder der Prostata von Bedeutung, um die natürliche Funktion der Blase wiederherzustellen. Erfahren Sie die effektivsten Methoden, um die Blase zu stärken.

Die Grafik zeigt eine Seniorin, die sich an die Blase hält.
Fast jede sechste Person leidet unter einer überaktiven Blase. ©  Marina Plotnikova / iStock / Getty Images Plus

Margit, eine 75-jährige Seniorin, hat eine überaktive Blase. Darum beginnt sie jeden Tag mit sorgfältiger Planung. Sie weiss, dass regelmässige Toilettenbesuche unerlässlich sind, um peinliche Situationen zu vermeiden. Vor jedem Ausgang prüft sie die Verfügbarkeit von Toiletten auf ihrer Route und packt vorsorglich Inkontinenzprodukte wie Slipeinlagen in ihre Tasche. Beim Einkaufen, Spaziergängen oder Treffen mit Freunden wählt sie Orte mit leicht zugänglichen Toiletten.

Das Syndrom der überaktiven Blase, früher auch als Dranginkontinenz oder Reizblase bezeichnet, ist weitverbreitet. Fast jede sechste Person hat eine überaktive Blase, und ein Drittel davon hat auch Probleme, den Urindrang zu kontrollieren.

Definition: Was versteht man unter einem Blasentraining?

Blasentraining, oft auch als Toilettentraining bezeichnet, umfasst eine Vielzahl mentaler und physischer Techniken, die darauf ausgerichtet sind, eine bessere Kontrolle über die Blasenfunktion zu erlangen. Eine Studie des National University Hospital in Korea hat ergeben, dass regelmässig angewandtes Blasentraining signifikant zur Linderung der Symptome einer überaktiven Blase beiträgt. Die Teilnehmenden der Studie verzeichneten nach dem Training merkliche Verbesserungen in Bezug auf Häufigkeit des Wasserlassens, nächtliche Toilettengänge und Dringlichkeit, was insgesamt zu einer gesteigerten allgemeinen Gesundheit führte. Überwiegend gaben die Patientinnen und Patienten an, das Blasentraining als hilfreich zu empfinden und eine spürbare Besserung ihrer Beschwerden zu erfahren.

Blasentraining zielt demnach darauf ab:

  • unbeabsichtigten Harnabgang zu vermeiden und übermässigen Harndrang zu reduzieren.
  • längere Pausen zwischen den Toilettengängen zu ermöglichen, sodass tagsüber mehrere Stunden ohne Toilettenbesuch möglich sind und nachts idealerweise höchstens ein Gang zur Toilette benötigt wird.

Unterschiede zwischen überaktiver Blase, schwacher Blase und Inkontinenzformen

Eine überaktive Blase äussert sich in plötzlichem, starkem Harndrang und ist oft mit Dranginkontinenz verbunden. Eine schwache Blase, oft gleichbedeutend mit Belastungsinkontinenz, beschreibt die Unfähigkeit, Urin bei Druck zu halten. Blasenschwäche umfasst verschiedene Inkontinenzformen, darunter Belastungs-, Drang- und Überlaufinkontinenz, sowie funktionale Inkontinenz, bei der äussere Faktoren wie eingeschränkte Mobilität die rechtzeitige Toilettennutzung verhindern.

Benötige ich überhaupt ein Blasentraining?

Es ist leicht, herauszufinden, ob die eigene Blase überaktiv oder schwach ist. Kathrin Knill, Physiotherapeutin in Winterthur, erklärt, welche Frauen von einem solchen Training profitieren:  «Wer deutlich häufiger als achtmal am Tag die Blase entleert, und das bereits bei kleinen Urinmengen von weniger als 200 ml. Und wer seltener als viermal am Tag die Blase entleert, und das bei grossen Urinmengen von mehr als 500 ml.»

Ist Blasentraining und Inkontinenztraining das Gleiche?

Blasentraining und Inkontinenztraining werden oft synonym verwendet, da beide auf das Ziel ausgerichtet sind, die Blasenkontrolle zu verbessern und Inkontinenzsymptome zu reduzieren. Blasentraining beinhaltet typischerweise Techniken zum Verzögern des Toilettengangs, um die Blase zu stärken und die Fähigkeit zu verbessern, Urin zu halten. Inkontinenztraining kann auch Beckenbodenübungen umfassen, um die Muskeln zu stärken, die am Halten des Urins beteiligt sind.

Blasentraining: Wie kann man den Blasenschliessmuskel trainieren?

Die Blase, unser Speicherorgan für Urin, ist ähnlich wie der Herzmuskel aus Muskelgewebe aufgebaut. «Diese Muskeln können wir nicht bewusst steuern; sie funktionieren reflexartig und werden vom Unterbewusstsein geregelt», erklärt Kathrin Knill.

Wenn sich die Blase mit Urin füllt, dehnt sich das Gewebe. Bei der Entleerung der Blase spannt sich die Muskulatur dagegen an. «Um die Blase zu trainieren, können wir daher das Intervall zwischen den Toilettengängen reduzieren», sagt Kathrin Knill. «So füllt sich die Blase mehr, sodass die Dehnfähigkeit und somit Speicherfähigkeit verbessert werden.»

Die Aussichten auf Erfolg sind gut, wenn das Training langfristig erfolgt: «Wird ein Blasentraining über etwa drei Monate regelmässig durchgeführt, kann sich die Blasenfunktion deutlich verbessern», Kathrin Knill.

Eine Seniorin sitzt auf dem Badewannenrand.
Eine überaktive Blase erschwert den Alltag der Betroffenen massiv – egal was sie tun, sie müssen immer eine Toilette in der Nähe haben.  © Copyright

Gibt es ein Blasentraining spezifisch für Frauen?

Es gibt kein spezifisches Blasentraining für Frauen. «Beim Blasentraining wird kein Unterschied hinsichtlich Geschlecht oder Alter gemacht», weiss Kathrin Knill.

Benötigen Männer ein spezielles Blasentraining?

Nein. Männer benötigen kein spezielles Blasentraining. Zwar urinieren Männer in der Regel seltener als Frauen. Vier bis sieben Mal innerhalb von 24 Stunden – das ist für sie aber normal. Kathrin Knill weist darauf hin, dass ein Blasentraining jedoch nützlich sein kann, wenn jemand sehr häufig kleine Mengen – weniger als 200 Milliliter –  oder ungewöhnlich selten grosse Mengen, mehr als 500 Milliliter, uriniert. Dies gilt aber sowohl für Männer als auch für Frauen. Das Ziel des Trainings ist es, eine normale Blasenfunktion zu fördern, wobei die Blase effizient zu regelmässigen Zeiten entleert wird, ohne dass es zu Dringlichkeit oder Harnverhalt kommt.

Übungen speziell für Männer, insbesondere nach einer Prostata-OP

Die Prostata umgibt beim Mann teilweise die Harnröhre und spielt eine Rolle bei der Urinkontrolle, aber sie stützt nicht direkt die Blase. Bei einer radikalen Prostatektomie, der vollständigen Entfernung der Prostata, kann es zu einer Beschädigung des Schliessmuskels kommen, da die Prostata eng mit Strukturen verbunden ist, die für die Kontinenz verantwortlich sind.

Kathrin Knill sagt: «Eine mögliche Folge der radikalen Prostatektomie kann eine Urininkontinenz sein, besonders in den ersten Monaten nach dem Eingriff. Die Operation kann auch die Nervenbahnen, die die Erektionsfähigkeit steuern, beeinträchtigen, was zu einer erektilen Dysfunktion führen kann.»

Die Schwere der Symptome kann von Person zu Person variieren. Eine spezialisierte Fachperson in der Physiotherapie kann nach einer gründlichen Untersuchung gezielte Übungen zur Stärkung des Beckenbodens vorschlagen, die dazu beitragen können, die Kontinenz zu verbessern und die sexuelle Funktion zu unterstützen.

Gezielte Übungen zur Unterstützung der Blasenkontrolle

Wichtig ist, bei jedem Toilettengang die Blase vollständig zu entleeren. Kathrin Knill erklärt, wie das am besten gelingt:

  1. Immer – auch auf öffentlichen Toiletten – absitzen.
  2. Sich genügend Zeit zur Entleerung lassen.
  3. Verzichten Sie darauf, mit dem Bauch zu pressen. Die Blase funktioniert überwiegend entspannt, speichert Urin und spannt sich nur beim Toilettengang an, um sich zu entleeren. Durch das Pressen mit dem Bauch wird diese natürliche Funktion umgangen und der Blasenmuskel kann geschwächt werden.

Gleich wieder auf Toilette? Besser nicht! Zwei bis vier Stunden sollten zwischen den Gängen liegen. Doch was, wenn sich der Toilettendrang bereits früher bemerkbar macht? «In diesem Fall versuchen Sie, nicht direkt dem ersten Drang nachzugeben, sondern sich noch etwas abzulenken», rät Kathrin Knill.

Katrin Knill nennt zwei Tipps, die den Druck auf den Beckenboden erhöhen und so helfen können: «Auf einer Tuchrolle sitzen oder 20 Mal auf den Zehen auf- und ab wippen.» Erst wenn sich erneut der Drang einstellt, sollte die Blase wieder entleert werden. Wer dagegen vorsorglich auf Toilette geht, schwächt die Blase – ihre Dehnfähigkeit nimmt ab.

Blasentraining: Wie kann ich meine Blase trainieren?

Blasentraining fördert hauptsächlich die Dehnbarkeit der Blase durch das bewusste Hinauszögern des Toilettengangs bei Harndrang. Kathrin Knill empfiehlt verschiedene Techniken, um dieses Ziel zu erreichen:

  • Positives Denken: Überzeugen Sie sich selbst davon, dass Ihre Blase flexibel ist und Sie in der Lage sind, den Drang für eine Weile zu kontrollieren.
  • Ablenkungsstrategien: Widmen Sie sich einer anderen Aktivität, wie Lesen, einer anstehenden Aufgabe oder zählen Sie in Gedanken rückwärts in Sechser-Schritten von 100 herunter, um den Fokus vom Harndrang wegzulenken.

Ist Blasentraining nach Katheterentfernung wichtig?

Blasentraining nach der Entfernung eines Katheters ist ein wichtiger Schritt, um die normale Blasenfunktion wiederherzustellen. Ein Katheter kann vorübergehend notwendig sein, wenn jemand aufgrund einer Operation, einer Verletzung oder einer Erkrankung nicht in der Lage ist, die Blase selbstständig zu entleeren. Sobald der Katheter entfernt ist, kann es sein, dass die Blase trainiert werden muss, um ihre natürliche Funktion wiederzuerlangen.

Blasentraining: Übungen nach dem Entfernen eines Katheters

Kathrin Knill rät, bei leichtem Harndrang mit dem Toilettengang zu warten, um die Blase zu stärken und die Kontrolle zu verbessern. Nur bei starkem Drang sollte man die Toilette aufsuchen und dabei entspannt bleiben. Diese Methode hilft, den Blasenmuskel zu trainieren, so dass er sich nicht bei geringem Füllstand entleert, was langfristig nicht wünschenswert ist. Indem man den Gang zur Toilette bewusst verzögert, wird die Blase darauf trainiert, mehr Urin zu speichern, was ihre Kapazität und die Fähigkeit zur Kontrolle erhöht.

Sollte man Übungen mit einem Dauerkatheter machen?

«Wer ein Dauerkatheter hat, sollte weder ein Blasen- noch ein Beckenbodentraining machen», darauf weist Kathrin Knill hin. Aufgrund des Katheters wird die Blasenentleerung nicht mehr aktiv mitgestaltet.

Ein Dauerkatheter wird aus vielfältigen medizinischen Gründen eingesetzt. Insbesondere bei älteren Menschen, die aufgrund neurologischer Zustände wie Multiple Sklerose oder fortgeschrittener Parkinson-Krankheit, Querschnittslähmung, Prostata-Problemen, die den Urinfluss behindern, oder bei Schwäche der Blasen- bzw. Harnwegsmuskulatur, die eine vollständige Entleerung verhindert, nicht selbstständig urinieren können. Ebenso kann er nach Operationen im Beckenbereich zur Unterstützung der Heilung notwendig sein, bei Harnverhalt zur Vermeidung von Beschwerden und Komplikationen oder bei schwerer Inkontinenz, um Hygiene und Lebensqualität zu wahren. Bettlägerige Patienten benötigen möglicherweise aus pflegerischen Gründen einen Dauerkatheter.

Zur Person

 

Kathrin Knill
Kathrin Knill. © zVg.

Kathrin Knill ist Physiotherapeutin in Winterthur und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Geschäftsstelle für Beckenbodenphysiotherapie.

Die Grafik zeigt einen bettlägrigen Senior.
Bettlägerige Patienten benötigen häufig aus pflegerischen Gründen einen Dauerkatheter. © Flashvector /
iStock / Getty Images Plus

Erfahrungsbericht: Judith M. «Blasentraining hat mein Leben verändert»

Die meineeltern.ch-Leserin Judith leidet unter einer überaktiven Blase, was ihren Schlaf beeinträchtigt und sie davon abhält, Tagesausflüge zu unternehmen, aus Angst, keine Toilette zu finden. Eine Freundin machte sie auf das Blasentraining aufmerksam. Seit ein paar Monaten macht Judith jetzt Blasentraining – mit Erfolg, wie sie berichtet. 

«Seit Jahren kämpfe ich mit einer überaktiven Blase, was meinen Alltag stark beeinträchtigt hat. Ständige Toilettengänge, nächtliches Aufwachen und die ständige Sorge, nicht rechtzeitig eine Toilette zu finden, prägten meinen Alltag. Meine Physiotherapeutin hat mir dann ein Blasentraining gezeigt. Ich muss sagen, es hat mein Leben verändert.

Das Training bestand aus verschiedenen Übungen, die darauf abzielten, die Blase besser zu kontrollieren.  Bei einer Übung musste ich die Beckenbodenmuskulatur anspannen und den Urinfluss stoppen. Die Spannung musste ich für einige Sekunden halten und mich dann wieder entspannen. Ich habe jeden Tag solche Übungen gemacht.

Nach einigen Wochen bemerkte ich erste positive Veränderungen. Die nächtlichen Toilettengänge wurden weniger, und tagsüber fühlte ich mich sicherer. Ich konnte längere Zeit ohne Toilettenbesuch auskommen, was mir ein Stück Freiheit zurückgab, das ich lange vermisst hatte. So konnte ich zum Beispiel eine dreieinhalbstündige Wanderung machen, ohne einmal auf die Toilette zu müssen. Besonders beeindruckend fand ich, wie sich meine allgemeine Gesundheit und mein Wohlbefinden verbesserten. Ich fühlte mich insgesamt fitter und aktiver.

Das Blasentraining hat mir gezeigt, dass es nie zu spät ist, etwas gegen die Beschwerden einer überaktiven Blase zu tun. Die Übungen haben mir nicht nur geholfen, meine Blasenfunktion zu verbessern, sondern auch mein Selbstvertrauen und meine Lebensqualität gesteigert. Ich kann es jedem, der ähnliche Probleme hat, nur wärmstens empfehlen.»

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