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Kneippen: von kalten Güssen, Barfusslaufen bis hin zu Wassertreten

Kneipp'sche Therapie ist eine ganzheitliche Behandlung, die den Körper, den Geist und die Seele ins Gleichgewicht bringt. Eine Kur kann viele Beschwerden lindern. Ob zu Hause in der Badewanne oder barfuss durch den Schnee zu laufen: Kneippen regt den Kreislauf an, stärkt die Abwehrkräfte und fördert die Durchblutung. Allerdings gibt es auch Grenzen, die Sie und Ihre Eltern beachten sollten. In diesem Beitrag werden Sie über die richtigen Kneipp-Anwendungen und die richtige Anwendung zu Hause informiert.

Kneippen eignet gut für ältere Personen - auch im Winter.
Kneippen eignet gut für ältere Personen – auch im Winter. © veyla / iStock / Getty Images Plus

Kneippen – das Wichtigste in Kürze:

Bereits in frühen Jahren erkrankte der Allgäuer Pfarrer Sebastian Kneipp an Tuberkulose – im 18. Jahrhundert galt die Krankheit noch als unheilbar. Dann stieg er täglich in die winterlich kalte Donau und heilte seine Krankheit. Die Stunde seiner Wasserkur hatte geschlagen.

Die Kneipp-Medizin ist auf fünf Säulen aufgebaut: Lebensordnung, Wasser, Bewegung, Ernährung und Pflanzenheilkunde. Ziel der Therapie ist es, den Körper abzuhärten, das Immunsystem zu stärken und eine naturnahe, ausgeglichene Lebensweise zu erreichen.

Inzwischen wird das Kneipp’schen Lebenswerk international vermarktet. Die «Kneipp»-Gruppe erzielt laut Wikipedia einen jährlichen Umsatz von über 100 Millionen Franken. In Läden sind «Kneipp»-Pflegeprodukte erhältlich, die «Lebensfreude», «Entspannung» oder «Hautzart-Momente» versprechen. Fürs Kneippen benötigt man aber keine solchen Produkte. Kneippen kann man auch zu Hause. Welche Anwendungen es gibt und worauf Sie beim Kneippen achten müssen, erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.

Was ist eine Kneipp-Anwendung?

Bei einer Kneipp-Anwendung handelt es sich um eine Wassertherapie. Diese aktiviert den Stoffwechsel und stabilisiert den Kreislauf sowie das Immunsystem.

Schon regelmässige, einzelne Güsse an bestimmten Körperstellen haben einen positiven Effekt auf den Körper. Insbesondere ältere Personen profitieren vom Kneippen. Forscher der Berliner Charité fanden heraus, dass Altersheim-Bewohner, die regelmässig kneippten, weniger Schmerz- und Beruhigungstabletten benötigten als Bewohner, die aufs Kneippen verzichteten.

Welche Kneipp-Anwendungen gibt es?

Der kalte Knieguss

Angewandt wird der Knieguss bei Krampfadern, Einschlafproblemen, bei Migräne und Kopfschmerzen und Bluthochdruck.

Stehen Sie in die Duschzelle. Nehmen Sie den Duschkopf ab lassen Sie kaltes Wasser aus dem Duschschlauch laufen. Beginnen Sie am rechten Fussrücken aussen und führen Sie den Wasserstrahl aussen-hinten aufwärts bis eine Handbreit über das Knie. Verweilen Sie fünf Sekunden auf dieser Höhe und lenken Sie den Strahl vorne-innen am Unterschenkel herab wieder bis zum Fuss. Wiederholen Sie dasselbe am linken Bein.

Das Wassertreten

Das Wassertreten stärkt das Immunsystem und die Venen. Es sorgt für eine gute Durchblutung und hilft bei Einschlafproblemen. Wassertreten sollte man nur mit warmen Füssen.

Füllen Sie die Badewanne bis unter die Kniekehlen mit kaltem Wasser. Stellen Sie sich ins Wasser und gehen Sie auf der Stelle. Gehen Sie wie ein Storch: Ziehen Sie ein Bein komplett aus dem Wasser und beugen Sie die Fussspitze nach unten. Wird es Ihnen zu kalt, hören Sie mit dem Wassertreten auf. Streifen Sie nach dem Wassertreten das Wasser nur mit den Händen von den Beinen ab.

Der Gesichtsguss

Der Gesichtsguss macht die Haut straff und strahlend. Er hilft gegen Kopfschmerzen, Herzrasen oder Erschöpfung. Bei grosser Hitze erfrischt er den Kopf und den ganzen Körper.

Machen Sie den Hals und den Nacken frei. Setzen Sie sich vor die Badewanne auf einen Stuhl. Legen Sie sich ein Handtuch um den Hals. Beugen Sie sich leicht nach vorne über die Badewanne. Schrauben Sie den Duschkopf ab und nehmen Sie den Duschschlauch in die rechte Hand. Stellen Sie das Wasser ein. Die Temperatur sollte zwischen 16 und 18 Grad betragen. Beginnen Sie an der rechten Schläfe. Führen Sie den Strahl über die Stirn bis zur linken Schläfe. Anschliessend die rechte Gesichtshälfte mit drei senkrechten Strichen begiessen. Machen Sie das gleiche auf der linken Gesichtshälfte. Atmen Sie stets regelmässig. Das Gesicht leicht abtupfen.

Das Armbad

Das Armbad stärkt die Abwehrkräfte. Zudem fördert es die Blutzirkulation in den Armen und regt den Stoffwechsel an. Bei Müdigkeit und Abgeschlagenheit erfrischt das Armbad Körper und Geist.

Füllen Sie die Badewanne mit kaltem Wasser. Die Temperatur sollte zwischen 12 und 18 Grad betragen. Achten Sie darauf, dass Ihre Hände und Arme vor der Anwendung warm sind. Tauchen Sie die Arme bis zur Mitte der Oberarme ins Wasser ein. Bleiben Sie so lange mit den Armen im Wasser, bis Sie ein Kälteempfinden verspüren. Das dauert in der Regel 30 bis 40 Sekunden. Atmen Sie tief und ruhig weiter. Ziehen Sie die Arme aus dem Wasser und streifen Sie das Wasser sanft von den Armen ab.

Im Schnee

Kneippen kann man auch im Winter. Schneetreten geht nicht lange und ist trotzdem wirkungsvoll. Anfänger sollten jedoch zurückhaltend sein: Eine Minute im Schnee laufen, reicht für den Anfang aus. Wer länger im Schnee läuft und nicht abgehärtet ist, riskiert eine starke Erkältung.

Wie kneippt man richtig?

Kneippen kann man nicht nur zu Hause. Vielerorts gibt es auch fertige Kneippanlagen, die meist mitten in der Natur liegen. Drei Beispiele in der Schweiz:

Der Kneippweg in Acletta GR
Auf dem Kneippweg in Acletta GR, einem Weiler von Disentis GR, können Sie nicht nur kneippen. Sie erfahren auch Wissenswertes über die Kneipplehre. Beispiele für Kneipp-Anwendungen vor Ort: Armbad und Becken für Wassertreten.

Der Vita Parcours bei Meilen ZH mit Armbad
Auf dem Vitaparcours in Meilen ZH kann man sich nicht nur sportlich verausgaben. Zwei Brunnen für ein Armbad stehen ebenfalls zur Verfügung. Eine Wassertretstelle ermöglicht es, einen Gesichts-, Schenkel- oder Knieguss zu machen.

Natur-Barfuss-Kneippweg in Wildhaus SG
Der Natur-Barfuss-Kneippweg beginnt beim Hotel «Panorama Gamplüt Zentrum» in Wildhaus SG. Auf dem Weg gibt es zum Beispiel eine Wassertretanlage oder ein Armbecken. Auf einem Barfusspfad aus Holz, Steinen und anderen Materialien können Sie zudem Ihre Sinne anregen. Barfusslaufen verhindert Blutstau in den Beinen und damit Venenleiden.

Wie lange kneippt man?

Beim Wassertreten sollten Sie nur so lange kneippen, bis man ein starkes Kältegefühl an den Unterschenkeln und Füssen empfindet. Normalerweise stellt sich dieses Gefühl nach einer halben bis einer Minute ein.

Was passiert beim Kneippen im Körper?

Bei regelmässiger Anwendung wirkt das kühle Wasser heilend: Es aktiviert den Stoffwechsel, regt das Immunsystem an und stabilisiert den Kreislauf.

Wie hilft Kneippen bei Bluthochdruck?

Bei Bluthochdruck sollten Sie zuerst warmes Wasser über das Knie giessen, um die Blutgefässe zu weiten. Dadurch senkt sich der Blutdruck. Danach lassen Sie kaltes Wasser über das Knie laufen. Die Kälte sorgt dafür, dass sich die Gefässe verengen und der Blutdruck steigt. Das Wasser muss so lange über das Bein plätschern, bis die Kälte durchgedrungen ist. Alles nochmals von vorne: erst warm, dann kalt. Dieser Wechsel macht die Arterien elastischer.

Wie hilft Kneippen bei einem Lipödem?

Ein Lipödem ist eine Fettverteilungsstörung an den Beinen und Armen vor. Ein Lipödem ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung. Ihr Verlauf lässt sich nicht allgemein voraussagen.

Mit einer Kneipp-Therapie kann man jedoch die Symptome lindern und eine Verschlechterung hinauszögern. Es werden unter anderem folgende Kneipp-Anwendungen empfohlen: Armguss, Armbad oder Wassertreten.

Wie hilft kneippen bei Arthrose?

Menschen mit Knie- oder Hüftarthrose können durch warme und kalte Güsse beweglicher werden  und ihre Schmerzen verringern. Die Güsse können einige Wochen wirken. Die Kur hilft auch, das Immunsystem zu stimulieren und mehr Abwehrzellen zu bilden.

Wie schnell wirkt Kneippen?

Wichtig ist, dass das Kneippen konsequent durchgeführt wird. Das bedeutet, dass Sie sich entsprechend Zeit nehmen, Ihren Lebensstil neu überdenken und alte Gewohnheiten loslassen sollten. Nicht immer sind positive Reaktionen sofort spürbar. Es benötigt Geduld und Wille, etwas Gutes für seine Gesundheit zu tun.

Wann sollte man nicht kneippen?

Kneippen hat aber auch seine Grenzen: Zur Behandlung von akuten Erkrankungen, zur Heilung von bösartigen Tumoren oder psychischen Krankheiten eignet sich eine Kneipp-Therapie nicht.

Auch wer unter offenen Wunden oder Durchblutungsstörungen an den Beinen und Armen leidet, sollte nicht kneippen. Leiden Sie an Blasen- und Nierenkrankheiten, Harnwegsinfektionen, schweren arteriellen Durchblutungsstörungen oder Unterleibsinfektionen sollten Sie nicht Wassertreten. Während der Menstruation ist ebenfalls Vorsicht geboten. Verzichten Sie auf Gesichtsgüsse, wenn sie Grauen oder Grünen Star, Nebenhöhlen- oder Nervenentzündungen im Gesicht haben. Auch für kleine Anwendungen gilt darum: Bei Vorerkrankungen sollten Sie zuerst Ihren Arzt fragen.

Goldene Regeln für Kneipp-Anwendungen

  • Nach Kneipp-Anwendungen sollten Sie das Wasser nur mit der Hand abstreifen.
  • Eine Kneipp-Anwendung sollte nicht eine Stunde vor oder nach einer Mahlzeit durchgeführt werden.
  • Legen Sie zwischen den Anwendungen mindestens zwei Stunden Pause ein.

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