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Waldbaden: Kraft tanken im Wald

Beim Waldbaden verbringt man bewusst Zeit in der Natur und nimmt die Umgebung mit allen Sinnen wahr. Studien zeigen, dass Waldbaden eine beruhigende Wirkung auf Körper und Geist hat und das Immunsystem stärken kann. Doch wie badet man im Wald? Eignet sich Waldbaden auch für Seniorinnen und Senioren? Fragen wie diese beantwortet dieser Artikel.

Ein Senior steht mitten im Wald.
Waldbaden tut der Gesundheit gut – auch Senioren profitieren. © Tobias Aeppli / Pexels

Waldbaden – das Wichtigste in Kürze: 

Susanne Huber ist Anfang 80 und verbringt die meiste Zeit zu Hause. Sie möchte mehr Aktivität im Alltag, um körperlich wie geistig aufgeweckt zu bleiben. Eine Freundin empfiehlt ihr schliesslich, Waldbaden zu machen. Sie zögert zunächst, aber als sie es dann endlich tut, fühlt sie sich danach wunderbar entspannt und erfrischt.

Was ist Waldbaden?

Waldbaden ist eine Art von Entspannung und Stressabbau, die in der japanischen Kultur verwurzelt ist. Es ist eine einfache Methode, um sich zu entspannen und die heilende Kraft der Natur zu spüren. Das Konzept hinter dem Waldbaden ist, dass der menschliche Körper und Geist auf den Wald und seine Umgebung auf natürliche Weise reagieren. Waldbaden bedeutet also nicht nur, im Wald spazieren zu gehen, sondern bewusst den Wald mit allen Sinnen zu erleben.

Waldbaden: Stressreduktion aus Japan

In Japan wurde das Waldbaden in den 1980er-Jahren entwickelt und ist dort als Shinrin Yoku bekannt, was so viel heisst wie «In die Waldatmosphäre eintauchen». Ziel des Shinrin Yoku war es, gestresste Städter zu entspannen und ihnen eine Gelegenheit zu geben, sich mit der Natur zu verbinden. Die in Japan längst anerkannte Therapieform findet auch in der Schweiz zunehmend Anhänger. Im Rahmen seiner gesundheitspolitischen Strategie betont auch der Bundesrat, dass eine intakte Natur die Erhaltung der Gesundheit und das Wohlbefinden fördere.

Warum ist die Natur gesund?

Wälder haben ein eigenes Mikroklima. Durch das dichte Blattwerk werden Sonneneinstrahlung, Hitze und Kälte abgeschwächt. Im Wald herrscht eine höhere Luftfeuchtigkeit. Diese befeuchtet die Atemwege und sie werden dadurch weniger anfällig für Keime und Viren. Die Bäume sorgen zudem für eine hohe Sauerstoffkonzentration in der Luft und bieten einen hohen Lärmschutz. Ihr Blätterdach sorgt zudem für ein angenehmes Dämmerlicht. Das Zwitschern von Vögeln und der typische Waldgeruch fühlen sich wohlig an, da sie die Aktivität des Parasympathikus steigern. Der Parasympathikus ist in Ruhephasen aktiv. Das heisst, die Atmung vertieft sich, die Muskeln, die Haut und das Bindegewebe werden stärker durchblutet, Verspannungen lösen sich.

Was löst Waldbaden im Körper aus?

Die Auswirkungen zeigen sich bei regelmässigem Waldbaden im Alltag: das Stressgefühl sinkt, Stimmungsschwankungen nehmen ab, das Risiko für Herz- und Lungenkrankheiten nimmt ab. «Wer weniger gestresst ist, reagiert besonnener und dies hat wiederum positive Auswirkungen auf den Umgang miteinander», sagt Zoë D. Lorek, Leiterin des Waldbaden Instituts Schweiz. 

Physisch hilft Waldbaden:

  • das Immunsystem zu stärken und macht weniger anfällig auf Erkrankungen
  • den Blutdruck zu senken
  • das Stresshormon Cortisol zu reduzieren
  • den Schlaf zu verbessern
  • das Gedächtnis und die Konzentration zu verbessern
  • die Lungen zu stärken – auch bei COPD-Patienten, bei denen die Lunge geschädigt und die Atemwege verengt sind. Das fanden chinesische Wissenschaftler heraus. COPD steht für Chronic Obstructive Pulmonary Disease (zu Deutsch: chronisch obstruktive Lungenerkrankung).

Psychisch hilft Waldbaden:

  • durch weniger Lärm zu entspannen
  • durch die Eindrücke im Wald vom stressigen Alltag abzulenken
  • durch die ruhige Atmosphäre die Stimmung zu verbessern.

Waldbaden ist nicht nur für den Sommer geeignet, sondern kann zu jeder Jahreszeit genossen werden. Es eignet sich auch für Seniorinnen und Senioren. Aber: «Es kommt darauf an, wie gut jemand zu Fuss ist. Braucht die Person eine Gehhilfe oder nicht?», sagt Zoë D. Lorek. Das Waldbaden kann von Expertinnen und Experten professionell begleitet werden. Die Waldbaden-Guides unterstützen einen und erklären unter anderem die Umgebung. Es gebe Anbieter von Waldbaden-Kursen, die speziell auf Senioren und Seniorinnen abgestimmt seien. Beim Waldbaden Institut Schweiz werde Trittsicherheit verlangt.

Ein Quote von Sebastian Kneipp.
© meineEltern

Häufigkeit: Wie häufig sollte man Waldbaden?

Um die positiven Effekte des Waldbadens zu spüren, empfehlen Expertinnen und Experten mindestens zwei Stunden pro Woche in den Wald zu gehen. Je regelmässiger man dies tut, umso besser ist. Aber auch bereits ein kurzer Aufenthalt von 20 bis 30 Minuten wirkt sich spürbar positiv aus.  

Zoë D. Lorek sagt: «Am besten geht man zwei bis drei Mal in den Wald.  Ist das nicht möglich, kann auch ein nahegelegener Park, ein Baum oder ein ruhiger Ort in der Natur aufgesucht werden. Es ist besser, überhaupt in die Natur zu gehen als gar nicht.»  Gehe man regelmässig in die Natur, würde man auch die Veränderungen der Natur beobachten können.

Waldbaden Übungen: Wie geht Waldbaden?

Beim Waldbaden ist es wichtig, sich entspannen zu können. Es ist unangebracht, durch den Wald zu hetzen.   Und: «Es braucht Interesse und Freude, im Wald zu sein», sagt Zoë D. Lorek. Waldbaden ist am effektivsten, wenn man sich auf die Umgebung einlässt.  Man atmet die frische Waldluft ein, hört die Geräusche des Waldes, beobachtet die Tiere und Pflanzen und berührt den Boden und Bäume. Es ist wichtig, sich von technischen Geräten und Ablenkungen zu befreien. Beim Waldbaden sollte das Handy darum auf den Flugmodus gestellt werden.

10 Schritte: So geht Waldbaden

  • Technologie und Ablenkungen einschränken: Der ganze Sinn des Waldbadens besteht darin, sich von der Hektik und dem halsbrecherischen Tempo der technologischen Welt zu erholen. Anstatt Schnappschüsse zu machen, sollte man versuchen, denkwürdige Momente
  • Sich einen Platz im Wald aussuchen, an dem man zurückkehren kann: Man geht herum und sieht sich die Gegend an. Man sucht nach einem Platz, der sich gut zum Sitzen eignet. Am besten sucht man sich einen Platz, wo nicht viel los ist, damit man alleine sein kann. Es ist unangenehm, wenn man mitten in seiner Konzentration von anderen beobachtet wird. Je ungehemmter man praktizieren kann, umso besser. Ein Platz etwas abseits des Weges ist ideal. Er ist nicht weit genug, um sich zu verirren, aber weit genug von Waldbesuchern entfernt.
  • Eine Absicht für das Waldbaden finden: Kopfkino abstellen, Stress abbauen, zur Ruhe kommen – es ist ratsam, sich vor dem Waldbaden zu überlegen, was man mit dem Waldbaden erreichen möchte. Die Absicht sollte so einfach wie möglich sein. Schwierige Themen, wie zum Beispiel Familienstreitigkeiten, sind zu gross.
  • Kein Zwang: Selbst wenn man eine Absicht hat, sollte man nichts erzwingen. Man sollte sich nicht dazu verpflichten, den Wald als weniger gestresste oder veränderte Person zu betreten. Das Waldbaden sollte immer locker sein.
  • Ein Eingangsritual durchführen:  Man sollte ein Ritual finden, das man durchführen kann, bevor man den Wald betritt, um die Praxis vom Rest des Tages abzugrenzen. Einige Badende legen ihre Sorgen in einem Sorgenstein oder einem Sorgenbaum ab. Man kann die Schuhe wechseln oder sich die Füsse abwischen, bevor man in den Wald geht.
  • Nicht weit weg gehen: Manche vergleichen das Waldbaden mit Wandern. Doch bei den Übungen sollte man in einem bestimmten Umkreis bleiben. Es kann dann sein, dass man sich die ganze Zeit über nicht von seinem Sitzplatz bewegt. Beim Waldbaden geht es mehr darum, stillzustehen und wahrzunehmen, als sich in irgendeiner nennenswerten Geschwindigkeit zu bewegen.
  • Alle Sinne ansprechen: Man sollte alle fünf Sinne nutzen, um wirklich das ganze Spektrum des Waldes zu erleben. Das Waldbaden ist eine Übung in Achtsamkeit, bei der man auf alles achtet, was in diesem Moment geschieht. 
  • Tagebuch mitnehmen: In ein Naturtagebuch kann man seine Gedanken und Erfahrungen festhalten. Ein Tagebuch hilft auch, Dinge zu bemerken und in Worte zu fassen. Man kann das Tagebuch auch verwenden, um Pflanzen zu zeichnen und zu studieren, Beobachtungen festzuhalten, die eigene Aufmerksamkeit zu fokussieren, vorübergehende Gedanken aufzuschreiben, bevor sie vergehen. Ein Tagebuch ist eine greifbare Erinnerung an die Erfahrungen, die man im Wald gemacht hat.
  • Sich in Dankbarkeit üben: Wer sich in Dankbarkeit übt, verändert seine gesamte Perspektive. Dazu denkt man einfach an all die Dinge, für die man dankbar ist, genau dort, wo man sich gerade befindet. Wann immer man etwas bemerkt, das das Herz erwärmt oder das einen begeistert, richtet man seine Dankbarkeit darauf aus. 
  • Ein Ausgangsritual durchführen: So wie man ein Eingangsritual durchgeführt hat, um seinen Fokus zu verlagern, kann man auch ein Ausgangsritual durchführen, um in sein normales Leben zurückzukehren. Das hilft sozusagen, den Kopf wieder aus den Wolken zu ziehen und den Geist auf die Veränderung vorzubereiten. Schuhe wieder wechseln, ein Eintrag ins Tagebuch oder eine kleine Atemübung: Die Fantasie ist unbegrenzt.

Waldbaden bei Depression: Ja oder nein?

Bei depressiven Verstimmungen sei Waldbaden eine wunderbare Methode, um auf andere Ideen zu kommen, sagt Zoë D. Lorek. Durch das sehr langsame Gehen, die frische Luft im Wald, die angebotenen Übungen könne ein Stimmungswandel passieren. Aber: «Bei einer diagnostizierten Depression empfehle ich, dass sich die betroffene Person fachliche Unterstützung holt und mit einer geschulten Fachperson das Waldbaden praktiziert.»

Die Grafik zeigt Tipps zum Waldbaden.
© meineEltern

Das sollten Senioren beim Waldbaden beachten

Beim Waldbaden sollte man auf folgende Punkte achten: 

Wetterfeste Kleidung und gutes Schuhwerk

Es ist wichtig, sich passend zur Witterung zu kleiden, um bei Kälte oder Regen nicht zu frieren. Schuhe mit griffiger Sohle sind für den Wald geeignet. Auch sollten die Knöchel geschützt sein. 

Insekten- und Sonnenschutz

Um sich vor Insektenstichen und einem Sonnenbrand zu schützen, sollten Insektenschutzmittel und Sonnencreme mitgeführt werden.

Proviant

Ein kleiner Snack und ausreichend zu trinken, tragen dazu bei, die Energie aufrechtzuerhalten und den Ausflug angenehmer zu machen.

Nur bekannte Routen wählen

Es ist empfehlenswert, sich auf bereits bekannte Wege zu beschränken, um sich nicht zu verlaufen und nicht in unvorhergesehene Situationen zu geraten.

Begleitung mitnehmen

Es ist ratsam, eine Begleitperson mitzunehmen, um potenzielle gefährliche Situationen zu vermeiden und das Naturerlebnis zu teilen.

Familienmitgliedern und Freunden Bescheid geben

Man sollte jemanden über den geplanten Ausflug und die Rückkehrzeit informieren, um im Notfall schneller gefunden zu werden.

Technische Mittel wie Handy mitnehmen

In Notsituationen kann es hilfreich sein, ein Mobiltelefon dabeizuhaben.

Nicht zu spät losgehen

Man sollte frühzeitig aufbrechen, um genügend Zeit zu haben, den Wald und die Natur zu geniessen und rechtzeitig vor Anbruch der Dunkelheit zurückzukehren.

Ein Waldstück in der Abenddämmerung.
Je mehr man sich auf den Wald und seine Umgebung einlässt, umso stärker sind die positiven Effekte. © Tobias Aeppli / Pexels

Waldbaden in der Nähe

Jeder, der in der Schweiz Waldbaden ausüben möchte, kann dies in einem beliebigen Wald in seiner Nähe tun. Eine weite Fahrt aus der Stadt heraus ist nicht zwingend notwendig. Ein kleines Waldstück kann seinen Zweck bereits erfüllen.

Waldbaden am Zürichsee ZH/SZ/SG:  Rund um den Zürichsee gibt es einige schöne Orte zum Waldbaden. Ein besonders empfehlenswerter Ort ist der Zürichberg. Hier kann man sich inmitten von alten Bäumen, moosbedeckten Felsen und klaren Bächen entspannen und den Stress des Alltags hinter sich lassen. In der Regel ist man jedoch nie allein, da der Wald des Zürichberg ein beliebtes Erholungsgebiet für Erholungssuchende, Sportler und Spaziergänger ist.

Waldbaden in Winterthur ZH: Auch in Winterthur gibt es einige schöne Orte zum Waldbaden. Der Eschenbergwald zum Beispiel ist eine gute Wahl, da er nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt ist und viele ruhige Waldpfade bietet.

Zur Person:

Zoë D. Zolek blickt in die Kamera.
Zoë D. Lorek. © zVg.

Zoë D. Lorek ist Leiterin des Waldbaden Instituts Schweiz in Pfäffikon ZH. Sie ist zertifizierte Forest Therapy Guide und Ausbilderin. 

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