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Die Kraft des Loslassens: Vom Nutzen alter und moderner Rituale

Es gibt Momente im Leben, in denen Freundschaften enden, Lebensträume platzen oder Beziehungen scheitern. Jeder von uns wird mit dem Thema «Loslassen» konfrontiert. Doch während einige den Blick nach vorne richten, bleiben andere in der Vergangenheit verhaftet. Wie können wir besser loslassen? Historische Begräbnisriten oder moderne digitale «Detox»-Rituale zeigen: Rituale aus verschiedenen Zeiten und Kulturen bieten Wege, um mit dem Vergangenen abzuschliessen. Gemeinsam mit unseren Eltern können wir entdecken, wie diese Rituale den Neuanfang erleichtern. Und wenn wir uns fragen, warum Loslassen oft so schwerfällt, können Achtsamkeit und Meditation uns dabei unterstützen, unseren Weg zu finden.

Ein Mann blickt senitmental aufs Meer.
Wer die Vergangenheit loslassen kann, kann sich auf das Jetzt konzentrieren. © Didi_Lavchieva / iStock / Getty Images Plus

Vergangenheit loslassen – das Wichtigste in Kürze:

Das Loslassen der Vergangenheit ist nicht nur ein Schlagwort, sondern ein essentielles Werkzeug für unser psychisches und emotionales Wohlbefinden. Jede nicht verarbeitete Erfahrung, jeder unterdrückte Schmerz oder nicht vergebene Moment wirkt wie ein Ballast, der das Vorankommen im Leben erschwert. Es beeinflusst Ihre gegenwärtigen Beziehungen, Entscheidungen und sogar Ihre körperliche Gesundheit. Wer lernt, mit seiner Vergangenheit Frieden zu schliessen, öffnet sich für ein Leben voller Möglichkeiten, in dem die Gegenwart nicht länger von alten Narben getrübt wird.  Dieser Artikel zeigt Techniken, Ansichten und Perspektiven auf, die helfen können, diese oft schwierige Reise des Loslassens zu beginnen.

Alte und moderne Rituale, um mit der Vergangenheit abzuschliessen

Ob alt oder modern, Rituale bieten Menschen Struktur und Bedeutung, helfen, mit der Vergangenheit abzuschliessen und erlauben einen Neubeginn. Sie reflektieren unsere tiefsten Ängste, Hoffnungen und den universellen Wunsch nach Erneuerung.

Alte Rituale

Begräbnisrituale: In vielen Kulturen, von den alten Ägyptern bis zu den nordischen Völkern, wurden komplexe Begräbnisriten durchgeführt, nicht nur, um die Toten zu ehren, sondern auch, um den Lebenden zu helfen, Abschied zu nehmen und weiterzumachen.

Reinigungsriten: Zum Beispiel haben die Native Americans – Ureinwohnerinnen und Ureinwohner Amerikas – das Räuchern mit Salbei als Reinigungsritual verwendet, um negative Energien zu vertreiben und einen Neubeginn zu ermöglichen.

Übergangsriten: Bei vielen indigenen Völkern, wie etwa bei afrikanischen oder australischen Stämmen, markieren Initiationsriten den Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter. Diese Rituale helfen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und eine neue Rolle in der Gemeinschaft anzunehmen.

Opferrituale: In alten Zivilisationen wie den Mayas oder Azteken wurden Opfer gebracht, oft, um eine schlechte Ernte oder eine Krankheit zu besänftigen und einen Neuanfang zu bitten.

Moderne Rituale

Abschlussfeiern: Bei Schul- oder Universitätsabschlüssen feiern Menschen den Abschluss eines Lebensabschnitts und den Beginn eines neuen.

Trennungsrituale: Nach einer Trennung oder einem Trauerfall gestalten einige Menschen kleine private Rituale, wie das Schreiben eines Abschiedsbriefs, den man dann verbrennt, oder das Pflanzen eines Baumes in Erinnerung an eine geliebte Person.

Silvester: Das Feiern des neuen Jahres und das Verbrennen von «Zetteln» mit alten Sorgen oder Ängsten ist ein weltweit verbreitetes Ritual, um die Vergangenheit zurückzulassen und das neue Jahr zu begrüssen.

Therapeutische Rituale: In der modernen Psychologie werden manchmal Rituale verwendet, um Traumata zu bewältigen. Dies könnte das Aufschreiben von Ängsten und deren anschliessende «Beseitigung» (durch Verbrennen oder Begraben) beinhalten.

Digitale «Detox»-Rituale: In unserer modernen, vernetzten Welt praktizieren Menschen manchmal digitale Detox-Rituale, bei denen sie sich für eine bestimmte Zeit von sozialen Medien und Technologie trennen, um Vergangenes loszulassen und sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

Warum das Loslassen so herausfordernd sein kann

Loslassen ist oft eine der herausforderndsten Aufgaben für Individuen. Es gibt mehrere Gründe, warum das Loslassen schwerfällt:

  • Sicherheitsbedürfnis: Unsere Psyche neigt dazu, an Bekanntem festzuhalten, auch wenn es schmerzhaft ist, weil es vertraut und daher vorhersehbar erscheint. Das Unbekannte kann Angst auslösen.
  • Identifikation: Oft identifizieren wir uns mit unseren Erfahrungen oder Schmerzen. Sie werden zu einem Teil unserer Geschichte und Selbstwahrnehmung. Loszulassen könnte dann bedeuten, einen Teil von uns selbst loszulassen.
  • Vermeidung von Schmerz: Das Durchleben und Verarbeiten schmerzhafter Erfahrungen können anfangs schmerzhafter sein als das Festhalten daran.
  • Neurologische Verknüpfungen: Unsere Gehirne bauen Verknüpfungen auf, die durch wiederholte Gedanken und Verhaltensmuster gestärkt werden. Das Durchbrechen dieser Muster erfordert bewusste Anstrengung.

Beispiel einer Meditation als Unterstützung beim Loslassen der Vergangenheit

  • Setzen Sie sich bequem hin oder legen Sie sich hin.
  • Schliessen Sie die Augen und atmen Sie tief ein und aus.
  • Stellen Sie sich vor, wie mit jedem Einatmen Frieden und Akzeptanz in Ihren Körper fliessen und wie mit jedem Ausatmen Schmerz und festhaltende Gedanken entweichen.
  • Stellen Sie sich nun einen Fluss vor, in den Sie Blätter legen, jedes Blatt repräsentiert einen Teil Ihrer Vergangenheit, den Sie loslassen möchten.
  • Beobachten Sie, wie die Blätter mit dem Strom weggetragen werden, weiter und weiter, bis sie aus Ihrem Sichtfeld verschwinden.
  • Verweilen Sie in diesem Gefühl des Loslassens, atmen Sie weiterhin tief ein und aus, und wenn Sie bereit sind, öffnen Sie langsam die Augen.

Diese Meditation kann regelmässig praktiziert werden, um den Prozess des Loslassens zu unterstützen. Es ist wichtig zu betonen, dass tief verwurzelte Probleme oder Traumata oft eine professionelle Therapie erfordern, und Meditationen sollten als ergänzendes Werkzeug betrachtet werden, nicht als Ersatz.

Die Macht der Meditation und Achtsamkeit

Die Macht der Meditation und Achtsamkeit liegt in ihrer Fähigkeit, sowohl den Geist als auch den Körper auf tiefgreifende Weise positiv zu beeinflussen. Hier sind einige der vielen Vorteile: 

Stressreduktion: Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass regelmässige Meditation und Achtsamkeitspraxis dazu beitragen können, den Cortisolspiegel, das sogenannte Stresshormon, zu senken.

Verbesserte Konzentration: Meditation kann die Konzentrationsfähigkeit steigern und die Ablenkungsanfälligkeit reduzieren.

Gefühl der Verbundenheit: Viele Menschen berichten, dass sie sich durch Meditation und Achtsamkeit stärker mit sich selbst und anderen verbunden fühlen.

Reduziertes Angstgefühl: Meditation kann dazu beitragen, Angstzustände zu reduzieren und eine grössere emotionale Stabilität zu fördern.

Steigerung der Empathie und Mitgefühl: Einige Meditationstechniken, wie die Metta- oder Liebende-Güte-Meditation, können das Mitgefühl und die Empathie fördern.

Gesundheitliche Vorteile: Meditation kann das Immunsystem stärken, den Blutdruck senken und zu einem besseren Schlaf beitragen.

Selbstbewusstsein: Achtsamkeitspraxis kann helfen, ein klareres Verständnis für die eigenen Gedanken und Gefühle zu entwickeln.

Mögliche Nachteile oder Herausforderungen

Meditation kann auch unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen. Sie kann unterdrückte Gefühle oder Erinnerungen hervorrufen, die schwer zu verarbeiten sind. Physische Beschwerden wie Rücken- oder Beinschmerzen, insbesondere für Neulinge, können durch langes Sitzen entstehen. Zudem kann der Mangel an sofort sichtbaren Ergebnissen zu Frustration führen, da die wahren Vorteile meist erst nach konstanter und langfristiger Praxis auftreten. Es besteht auch das Risiko der Übertreibung, bei dem Meditation als Allheilmittel betrachtet wird, wodurch andere wichtige Behandlungen vernachlässigt werden können. Schliesslich kann Meditation für Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen, wie posttraumatische Belastungsstörung oder Psychosen, ohne die richtige Anleitung oder Unterstützung gefährlich sein.

Die Grafik zeigt eine meditierende Seniorin.
Meditation kann helfen, mit der Vergangenheit abzuschliessen.  © Inna Miller

Wie lässt man die Vergangenheit los?

Loslassen ist ein Prozess, der oft Zeit, Geduld und bewusste Anstrengung erfordert. Folgende Schritte und Überlegungen sollten Sie ausprobieren: 

  1.  Akzeptieren Sie, was geschehen ist: Jedes Mal, wenn Sie in Gedanken an die Vergangenheit zurückkehren, erinnern Sie sich selbst mit einem tiefen Atemzug daran, dass das Vergangene nicht geändert werden kann und sagen Sie laut «Ich akzeptiere, was geschehen ist».
  2.  Erlauben Sie sich, zu trauern: Nehmen Sie sich bewusst Momente der Stille, vielleicht einmal pro Woche, um allein zu sein und Ihre Gefühle zuzulassen, sei es durch Weinen, Schreiben oder Musikhören.
  3.  Verstehen Sie Ihre Gefühle: Nehmen Sie sich jeden Abend 10 Minuten Zeit, um Ihre Gedanken und Gefühle des Tages in einem Tagebuch festzuhalten und mögliche Muster oder Auslöser zu erkennen.
  4.  Lernen Sie aus der Vergangenheit: Stellen Sie sich selbst regelmässig die Frage: «Was kann ich aus dieser Situation lernen?» und notieren Sie Ihre Erkenntnisse in einem separaten Abschnitt Ihres Tagebuchs.
  5.  Verzeihen: Schreiben Sie einen Brief (den Sie nicht abschicken müssen) an die Person, der Sie verzeihen möchten, oder an sich selbst, um Ihre Gefühle auszudrücken und den Akt der Vergebung zu beginnen.
  6.  Etablieren Sie Grenzen: Sagen Sie «Nein», wenn alte Freunde oder Bekannte, die negative Emotionen hervorrufen, um ein Treffen bitten, oder begrenzen Sie die Zeit, die Sie mit ihnen verbringen, auf ein Minimum.
  7.  Fokussieren Sie sich auf die Gegenwart: Beginnen Sie jeden Morgen mit einer 5-minütigen Meditation, bei der Sie sich auf Ihren Atem konzentrieren und alle ablenkenden Gedanken an die Vergangenheit loslassen.
  8.  Suchen Sie Unterstützung: Organisieren Sie wöchentliche Treffen oder Anrufe mit einem vertrauenswürdigen Freund oder Familienmitglied, um über Ihre Fortschritte und Herausforderungen beim Loslassen der Vergangenheit zu sprechen.
  9.  Setzen Sie sich neue Ziele: Erstellen Sie eine Liste von Dingen, die Sie erreichen möchten, und hängen Sie diese an einen Ort, an dem Sie sie täglich sehen können, um sich zu motivieren und auf die Zukunft zu konzentrieren.
  10.  Üben Sie Selbstfürsorge: Planen Sie einmal pro Woche einen «Selbstfürsorge-Tag», an dem Sie sich ausschliesslich Aktivitäten widmen, die Ihnen Freude bereiten und Ihnen helfen, sich erneuert und energetisiert zu fühlen.

Loslassen kann herausfordernd sein und erfordert oft Geduld mit sich selbst. Wenn Sie feststellen, dass Sie Schwierigkeiten haben, mit Ihrer Vergangenheit Frieden zu schliessen, kann eine professionelle Beratung oder Therapie sehr hilfreich sein.

Vergangenheit loslassen: weitere praktische Übungen und Techniken

Tagebuchschreiben: Das Aufschreiben Ihrer Gedanken und Gefühle kann eine therapeutische Wirkung haben. Es ermöglicht Ihnen, Ihre Emotionen zu verarbeiten und einen neuen Blickwinkel auf die Situation zu bekommen.

Achtsamkeitsmeditation: Diese Technik hilft Ihnen, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein und sich nicht von schmerzhaften Erinnerungen oder Ängsten über die Zukunft überwältigen zu lassen.

Gedankenstopptechniken: Wenn Sie feststellen, dass bestimmte Gedanken immer wieder in Ihrem Kopf kreisen, können Sie sich ein Stopp-Signal setzen. Dies kann so einfach sein wie das mentale Aussprechen des Wortes «Stopp».

Affirmationen: Wiederholen Sie positive und stärkende Sätze für sich selbst, um Ihr Denken zu ändern und eine positivere Perspektive zu fördern.

Beispiele:

  • Ich lebe im gegenwärtigen Moment und blicke positiv in die Zukunft.
  • Die Vergangenheit hat mich geformt, aber sie definiert mich nicht.
  • Ich vergebe mir selbst für meine Fehler und schätze die Lektionen, die ich gelernt habe.

Psychologie: Psychologische Perspektiven auf das Loslassen

Kognitive Verhaltenstherapie: Hier geht es darum, schädliche Denkmuster zu erkennen und zu ändern. Loslassen wird oft als ein Prozess des Ersetzens dieser Muster durch gesündere, adaptivere Ansichten gesehen.

Psychoanalyse: Hier könnte das Festhalten an der Vergangenheit als das Ergebnis unaufgelöster innerer Konflikte oder traumatischer Ereignisse aus der Kindheit betrachtet werden.

Humanistische Psychologie: Diese Perspektive betont das Wachstum und das Potenzial des Einzelnen. Loslassen wird hier oft als notwendiger Schritt auf dem Weg zur Selbstverwirklichung und zum Erreichen des besten Selbst gesehen.

Gestalttherapie: Dieser Ansatz konzentriert sich darauf, unvollendete Geschäfte abzuschliessen und den gegenwärtigen Moment vollständig zu erleben. Das Loslassen der Vergangenheit ist ein zentraler Aspekt dieses Prozesses.

Sprüche über das Loslassen der Vergangenheit

Sie suchen nach inspirierenden Sprüchen, die den Weg des Loslassens beleuchten? Wir haben eine Auswahl für Sie zusammengestellt:

  • Wo Schatten alt, lässt neues Licht sich nieder, Loslassen lehrt, im Jetzt wird alles wieder.
  • Im Sturm des Lebens, im rauen Wind, Loslassen heisst, wiederzufinden, was wir sind.
  • Wer festhält, was verblasst, verpasst den Tanz des Neuen.
  • Loslassen öffnet Horizonte, lässt die Seele erneuern.
  • Im Leeren liegt das Ganze, im Loslassen die Chance.
  • Wer loslässt, tanzt mit dem Leben, in steter Balance.

Berühmte Zitate über das Loslassen der Vergangenheit

Das Loslassen der Vergangenheit ist ein universelles Thema, das sich durch viele Kulturen und Zeitepochen zieht. Hier sind einige berühmte Zitate über das Loslassen:

  • Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Dichter: «Ängstlich ist es, immer zu suchen, aber viel ängstlicher,
    gefunden zu haben und verlassen zu müssen.»
  • Rainer Maria Rilke, deutscher Lyriker: «Wir haben, wo wir lieben, ja nur dies: einander lassen; denn dass wir uns halten, das fällt uns leicht und ist nicht erst zu lernen.»
  • Marcel Proust, französischer Sozialkritiker und Schriftsteller: «Loslassen: Etwas niederlegen können, ohne es als Niederlage betrachten zu müssen.»
  • Safi Nidiaye, deutsche Autorin: «Die Dinge loszulassen bedeutet nicht, sie loszuwerden. Sie loslassen bedeutet, dass man sie sein lässt.»
  • Deepak Chopra, indischer Autor: «Wenn Du etwas loslässt, bist Du etwas glücklicher. Wenn Du viel loslässt, bist Du viel glücklicher. Wenn Du ganz loslässt, bist Du frei.»
  • Eckhart Tolle, deutscher Autor: «Der Mensch kann nicht zu neuen Ufern aufbrechen, wenn er nicht den Mut aufbringt, die alten zu verlassen.»

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