Fremdsprachen lernen: Mit diesen Tricks lernt es sich im Alter leichter
Man kann immer eine Sprache lernen. Zwar nehmen Erinnerungsvermögen und Hirnleistung im Alter ab. Mit zunehmendem Alter eignen sich Seniorinnen und Senioren andere Fähigkeiten an. Sie können komplexe Zusammenhänge besser erkennen und sprechen bereits mindestens eine Sprache fliessend: ihre Muttersprache. Wie verändert sich das Gehirn bei der Erlernung einer neuen Sprache? Welchen Nutzen bietet das Erlernen einer neuen Sprache? In diesem Artikel erfahren Sie mehr.
Fremdsprache lernen – das Wichtigste in Kürze:
- Mit zunehmendem Alter fällt es dem Gehirn schwerer, auf neue Erfahrungen zu reagieren und sich zu verändern. Warum Menschen trotzdem nie zu alt sind zu lernen.
- Im Unterricht lernen Erwachsene besser als Kinder, gleichzeitig können sie beim Sprechen der neuen Sprache Hemmungen haben. Das sind die Vor- und Nachteile
- Es gibt unterschiedliche Lerntypen. Die einen lernen zuverlässiger, wenn sie Wörter sehen. Diese Methoden gibt es
- Es gibt Apps, mit denen man eine Sprache erlernen kann. Zwei Beispiele finden Sie hier
Wie schön wäre es doch, zu Hause mit Menschen aus anderen Ländern oder auf Reisen mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen! Eine neue Sprache führt nicht nur zu neuen Kontakten, sondern bietet noch einen weiteren wichtigen Vorteil: Das Erlernen einer neuen Sprache fördert die Gesundheit des Gehirns. Eine Reihe neuerer Studien deutet darauf hin, dass das Erlernen einer Fremdsprache den unvermeidlichen altersbedingten kognitiven Abbau verlangsamen und vielleicht sogar den Ausbruch einer Demenz verzögern kann. Einer Studie der Universität Edinburgh zufolge erkranken Zweisprachige im Durchschnitt viereinhalb Jahre später an Demenz als Einsprachige.
Fremdsprache lernen: Was im Gehirn passiert
Mit zunehmendem Alter fällt es dem Gehirn schwerer, auf neue Erfahrungen zu reagieren und sich zu verändern – also zu lernen. Die sogenannte Neuroplastizität verringert sich. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass Menschen zu alt werden, um Neues zu lernen. «Älteren Menschen fällt es zwar oft schwerer, eine neue Sprache zu lernen. Das heisst aber nicht, dass sie nicht lernen können», sagt Dagmara Müller-Wozniak, Geschäftsführerin von plc professional language center in Zürich. Im Alter eine neue Sprache zu lernen, sei ein besonders gutes Training für das Gehirn.
Fremdsprache lernen: Das sind die Vorteile
1. Vorteil:
Kinder lernen Sprachen leichter als Erwachsene, hiess es früher. Wird aber eine Sprache im Unterricht gelernt, haben einer australischen Studie zufolge ältere Menschen einen Vorteil. Sie können auf ihrer bereits erworbenen Lern- und Spracherfahrung aufbauen. So kann es Erwachsenen leichter fallen, Vokabeln zu lernen. Sie haben in ihrer Muttersprache bereits einen grossen Wortschatz, den sie mit den neuen Vokabeln in Verbindung bringen können.
2. Vorteil:
Grammatik pauken, Vokabeln lernen? Früher, in der Schule, fehlte oft die Lust dazu. Dagmara Müller-Wozniak: «Wer im Alter eine Sprache lernt, ist dagegen oft besonders motiviert.» Der Gedanke, sich in der Taverne auf Kreta in Griechisch unterhalten zu können, lockt.
Fremdsprache lernen: Das sind die Nachteile
1. Nachteil:
Kinder lernen eine Sprache, indem sie aufmerksam zuhören und versuchen, das Gehörte selbst anzuwenden. Sie brabbeln los, ohne Angst vor Fehlern. Das ist bei älteren Menschen oft anders. Personen, denen Fehler peinlich sind, haben Hemmungen beim Sprechen der neuen Sprache. «Im Unterricht werden Missgriffe entweder in gelöster Atmosphäre besprochen oder unauffällig repetiert», beruhigt Dagmara Müller-Wozniak. «So kann die Person ihre Lehren ziehen, ohne sich ausgelacht zu fühlen.»
2. Nachteil:
Die Aussprache einer neuen Sprache zu lernen, fällt Erwachsenen oft schwerer. Kinder nehmen die Laute einer Sprache leichter auf. «Allerdings stört ein Akzent gar nicht, es reicht, verständlich zu sprechen», sagt Dagmara Müller-Wozniak.
Fremdsprache durch Lesen lernen
Es gibt unterschiedliche Lerntypen. Die einen lernen besser, wenn sie Wörter sehen, also lesen, andere zum Beispiel, wenn sie die Sprache hören. In letzteren Fall ist es hilfreich, öfter mit Sprachbüchern zu arbeiten und auch, sich – dem Lernstand angepasste – fremdsprachliche Literatur oder Zeitschriften zu besorgen.
Fremdsprache durch Hören lernen
Wer sich leicht an Vorträge erinnert, Stimmen und Sätze im Kopf abspulen kann, gehört zu den auditiven Lerntypen. Apps kommen diesen Lerntypen entgegen, denn hier werden die Sätze vorgesprochen.
Mit diesen kostenlosen Apps lernen Sie eine Fremdsprache
«Ältere Menschen lernen anders als jüngere», weiss Dagmara Müller-Wozniak aus Erfahrung. «Sie greifen gern auf die Lernmethoden zurück, die sie aus ihrer Jugend kennen.» Das heisst, sie machen sich viele Notizen und erarbeiten sich Lerninhalte schriftlich. Mit dem Computer oder Apps zu lernen – das ist ein Gedanke, der manche Senioren und Seniorinnen unter Stress setzt. «Wichtig ist, mit der Methode zu lernen, mit der man sich wohl fühlt», sagt die Sprachlehrerin.
Zwei erfolgreiche Apps für Menschen, die keine Berührungsängste mit digitalen Medien haben, sind:
- Mondly bietet eine breite Palette an Sprachen. In unterschiedlichen Übungen geht es um Lesen und Schreiben, Aussprache und Hörverstehen. Mit dem Chatbot, einer künstlichen Intelligenz, lassen sich sogar praktische Unterhaltungen üben.
- Bei Rosetta Stone gibt es keine Übersetzungen. Stattdessen setzt die App auf das intuitive Lernen. Ausschliesslich Bilder und Töne vermitteln die Inhalte. Darüber hinaus bietet Rosetta Stone Online-Meetings und Live-Chats mit Muttersprachlern an.
Fremdsprache im Schlaf lernen: Geht das?
Eine Sprache im Schlaf zu lernen – dazu fehlt uns heute noch die Alltagsmethode. Grundsätzlich möglich könnte es jedoch sein, wie die Berner Universität zeigte. Im Rahmen einer Studie lernten Menschen im Tiefschlaf über Kopfhörer neue Vokabeln, an die sie sich nach dem Aufwachen unbewusst erinnerten. Erst die Zukunft wird zeigen, inwieweit der Schlaf konkret zum Lernen genutzt werden kann.
Fremdsprache lernen: Tipps im Alltag
Wer sich eine Sprache durch verschiedene Methoden erwirbt, kommt am schnellsten voran. Dagmara Müller-Wozniak: «Niemand kann eine Sprache nicht ausschliesslich durch Hören, Lesen oder durch Schreiben erlernen – stattdessen macht es die Mischung.» Sinnvoll sei es, mit allen Sinnen zu lernen, beim Vokabellernen auch Gegenstände anzufassen, wenn es zum Beispiel um Früchte in einem Obstkorb geht. Oder zu den Vokabeln oder der Grammatik Skizzen oder eine Collage zu machen. «Vielen Personen hilft es auch, sich beim Lernen zu bewegen – also hin und her zu gehen.»
Weitere Tipps:
1 Einen Sprachkurs besuchen: Ein Sprachkurs sorgt für Kontinuität und hilft dadurch, regelmässig weiterzulernen.
2 Sich regelmässig mit Muttersprachlern unterhalten: Über die Plattform www.tandem.net lässt sich ein Sprachtandem finden. Eine Schweizerin, die Spanisch lernen möchte, sucht sich etwa einen Spanier, der Deutsch lernen will. Im Video-Chat können die beiden abwechselnd in der einen, dann in der anderen Sprache miteinander üben.
3 Passende Lernmaterialien wählen: Sie sollten nicht zu leicht, aber auch nicht zu schwer sein. Ist die Herausforderung zu hoch, stellt sich schnell Lernfrust ein.
4 Singen in der Fremdsprache: Singen ist eine gute Hilfe beim Lernen einer Fremdsprache. Dagmara Müller-Wozniak: «Beim Singen lernt man nicht nur die Sprachmelodie, sondern auch neue Wörter und Sätze.»
6 Filme und Serien in der Fremdsprache: Die Wahrscheinlichkeit, dass es gute Filme und Serien in der neuen Fremdsprache gibt, ist hoch. Wenn man Spanisch lernen möchte, schaut man am besten spanische Filme im Original an und liest die Untertitel.
7 Post-it-Zettel überall: Wenn man sich häufig in einem Zimmer aufhält, überlegt man sich, welche einfachen Aufgaben in diesem Zimmer anfallen. Beispiel: «Ich bürste mir die Haare» oder «Ich putze die Zähne». Die Sätze schreibt man nun in der Fremdsprache auf Post-it-Zettel. Sobald die Aufgabe ausgeführt wird, sollte man den Satz laut aussprechen.
5 Motiviert bleiben: Bereits 2.000 Wörter und die wichtigsten grammatischen Regeln reichen, um sich verständlich zu machen. Das schrieb bereits im Jahr 1955 der Schweizer Linguist Frederick Bodmer (1894–1960) in Die Sprachen der Welt, einem alten Standardwerk der Sprachwissenschaft.