Finanzen

Altersarmut: Frauen sind besonders betroffen

In guter Gesundheit alt werden und das Leben geniessen – das ist der Wunsch der meisten Menschen. Geldsorgen aber können dem Alter den Spass nehmen. Pascal Pfister, Geschäftsleiter des Dachverbandes Schuldenberatung Schweiz, erklärt, warum vor allem Frauen betroffen sind und wie sie gut vorsorgen können.

Frau zählt Kleingeld
Über 200 000 Personen in der Schweiz sind von Altersarmut betroffen. © Prostock-Studio / iStock / Getty Images

Arm sein im Alter? Wir haben bei Pascal Pfister, Geschäftsleiter des Dachverbandes Schuldenberatung Schweiz, nachgefragt, warum so viele ältere Frauen mit dem Geld rechnen müssen und wie sie frühzeitig gegensteuern können.

Herr Pfister, wie ist die Situation der Altersarmut in der Schweiz laut aktuellen Statistiken?

Die meisten Rentner und Rentnerinnen können ihren Lebensunterhalt ohne Schwierigkeiten finanzieren. Dennoch leben 200 000 Personen über 65 Jahren aktuell in der Schweiz unterhalb der Armutsgrenze, 100 000 nur knapp darüber. Das ergab eine repräsentative Befragung im Rahmen des neuen Altersmonitors von Pro Senectute Schweiz 2022. Rund 46 000 ältere Menschen gelten in der Schweiz als arm – sie haben keine Rücklagen, mit denen sie ihre geringe Rente aufstocken könnten.

Der Altersmonitor

Altersmonitor – so heisst eine repräsentative Befragung älterer Menschen im Auftrag von Pro Senectute Schweiz in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und der Universität Genf im Jahr 2022. Eines der Ergebnisse: Am stärksten leiden Frauen, ausländische Staatsangehörige sowie Personen mit tiefer Bildung unter Altersarmut.

 

Welche Unterschiede in der Altersarmut gibt es zwischen Geschlechtern in der Schweiz? Liegen spezifische Daten zur Altersarmut von Frauen in der Schweiz vor?

Gemäss dem Altersmonitor von Pro Senectute sind Frauen fast doppelt so oft von Altersarmut betroffen wie Männer. Frauen haben also ein deutlich höheres Armutsrisiko im Alter. Ein wichtiger Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Geschlechterrollen innerhalb der älteren Generation: Während Männer bis zur Pensionierung meist in einem hohen Pensum erwerbstätig waren, kümmerten sich Frauen oft um den Haushalt und die Kinder und erzielten damit kein oder nur ein tiefes Erwerbseinkommen in einem niedrigen Arbeitspensum.

Die Statistiken zeigen also, dass Frauen in der Schweiz stärker von Altersarmut betroffen sind als Männer. Warum ist Altersarmut in der Schweiz besonders ein weibliches Problem?

Die Sorgearbeit, die Frauen leisten, wird nur in der AHV, der 1. Säule, für die Rentenleistung berücksichtigt. In der zweiten Säule, der Pensionskasse, arbeiten viele Frauen in einem Pensum, in dem keine PK-Beiträge angespart werden. Bei einer Scheidung gibt es zwar Ansprüche auf die Pensionskassen-Leistungen der Männer. Dennoch stehen viele Frauen nach einer Trennung bezüglich der Renten schlechter da. Sind sie dann alleinerziehend, verschärfen sich die Probleme. Ein weiterer Faktor liegt darin, dass Frauen überdurchschnittlich im Tieflohnbereich arbeiten.

Wie könnte der Staat es Frauen leichter machen?

In der Schweiz sind die Kinderbetreuungsangebote noch nicht gut ausgebaut. Was wir brauchen, sind bessere Rahmenbedingungen für die Erwerbstätigkeit der Mütter. Das heisst konkret: flächendeckende und bezahlbare familienergänzende Betreuungsangebote. Das ist angesichts des Arbeitskräftemangels eigentlich auch im Interesse der Wirtschaft.

Was können speziell Frauen tun, um nicht in die Armutsfalle zu tappen?

Frauen sollten die Altersrente unabhängig vom Einkommen eines Partners planen. Das Leben hat zu viele Unabwägbarkeiten. Trennungen kommen häufig vor. Zudem sollten sich auch Frauen um ihre Vorsorgeplanung kümmern. Dabei dürfen sie ihr Erwerbseinkommen nicht vernachlässigen. Care- und Erwerbsarbeit sollten auf die Partner aufgeteilt werden.

Wie lässt sich Altersarmut geschlechterunabhängig vermeiden?

Als Risikofaktoren für Altersarmut gelten vor allem Erwerbslücken, die dazu führen, dass zu wenig Altersvorsorge entsteht. Nicht nur unbezahlte Familienarbeit, auch Krankheiten und Arbeitslosigkeit gehören zu den Ursachen solcher Erwerbslücken. Wer nur ein tiefes Einkommen hat, kann oft nur eine kleine oder gar keine zweite Säule aufbauen. Investitionen in die eigene Ausbildung helfen, das Armutsrisiko zu senken.

Zur Person:

Pascal Pfister
© zVg.

Pascal Pfister arbeitet seit Anfang 2021 als Geschäftsleiter des Dachverbandes Schuldenberatung Schweiz. Der Verband vertritt die gemeinnützigen Fachstellen für Schuldenberatung in der Schweiz.

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