Finanzen

Betreuungsgutschriften: Wer sie bekommt und wie hoch sie sind

Pflegende und berufstätige Angehörige riskieren Einkommensverluste. Betreuungsgutschriften bieten hierbei eine essenzielle finanzielle Unterstützung, die nicht nur den finanziellen Ausgleich schafft, sondern auch die wichtige Rolle von pflegenden Angehörigen in der Gesellschaft anerkennt. Sie erhöhen das für die Rente berücksichtigte Einkommen, sodass Betroffene trotz ihrer Aufopferung eine angemessene Rente erhalten.

Betreuungsgutschriften können spätere Beitragslücken in der Rente vermeiden.
Betreuungsgutschriften können spätere Beitragslücken in der Rente vermeiden. © imtmphoto / iStock / Getty Images Plus

Betreuungsgutschriften – das Wichtigste in Kürze:

Maria, zweifache Mutter, arbeitet Teilzeit und pflegt zugleich ihre an Alzheimer erkrankte Mutter. Dieser Einsatz schränkt ihre beruflichen Möglichkeiten ein, was Einkommenseinbussen zur Folge haben kann. Betreuungsgutschriften sind in solchen Fällen ein unverzichtbares Sicherheitsnetz. Sie bieten finanzielle Entlastung, anerkennen das Engagement pflegender Angehöriger und mildern potenzielle finanzielle Einbussen ab. Zudem unterstreichen sie die essenzielle Rolle, die Pflegende in unserer Gesellschaft einnehmen.

Definition: Was ist eine Betreuungsgutschrift?

Betreuungsgutschriften sind Gutschriften, die auf Ihrem Konto bei der Sozialversicherung vermerkt werden und bei der Berechnung Ihrer Rente berücksichtigt werden. Diese Gutschriften können dazu führen, dass Sie eine höhere Altersrente oder Invalidenrente erhalten. Pflegende Angehörige, die Zeit und Engagement investieren, um ihren bedürftigen Familienmitgliedern im Alltag zu helfen, können jedoch oft weniger Zeit für ihre beruflichen Verpflichtungen aufbringen. Dies kann zu Einkommenseinbussen führen, weshalb die Annahme von Betreuungsgutschriften von grosser Bedeutung ist. Diese Gutschriften sollen finanzielle Einbussen bei den Sozialversicherungen während der Pflegephase ausgleichen und pflegenden Angehörigen finanziell entgegenkommen.

Durch Betreuungsgutschriften steigt das für die Rente berücksichtigte Einkommen, wodurch die Rente höher ausfällt.

Anspruch: Wer erhält Betreuungsgutschriften?

Grundsätzlich haben Personen, die pflegebedürftige Verwandte betreuen, Anspruch auf Betreuungsgutschriften, sofern sie die folgenden konkreten Voraussetzungen erfüllen:

  • Die betreute Person erhält eine Hilflosenentschädigung. Es spielt keine Rolle, welchen Grad der Hilflosigkeit die betreute Person aufweist. Die Hilflosenentschädigung kann von der AHV, der Invalidenversicherung (IV), der Unfallversicherung (UV) oder der Militärversicherung stammen.
  • Sie stehen in einem nahen Verwandtschaftsverhältnis zur betreuten Person. Als Verwandte gelten Ehegatten, Eltern, Kinder, Stiefkinder, Schwiegereltern, Geschwister, Grosseltern, Urgrosseltern, Enkelkinder und Lebenspartner, die mindestens fünf Jahre gemeinsam mit der versicherten Person in einem Haushalt gelebt haben.
  • Ihr Wohnort befindet sich nicht mehr als 30 Kilometer entfernt von der Person, die Sie betreuen. Alternativ dauert es nicht länger als eine Stunde, um die Pflegestelle zu erreichen.
  • Sie betreuen den pflegebedürftigen Menschen mindestens während der Hälfte des Jahres.
  • Sie erhalten noch keine AHV-Rente.

Höhe: Wie hoch ist die Betreuungsgutschrift?

Eine Betreuungsgutschrift ist so hoch wie die dreifache jährliche Minimalrente zum Zeitpunkt Ihres Rentenanspruchs. Zum aktuellen Zeitpunkt beträgt die monatliche Minimalrente bei voller Beitragsdauer von 44 Jahren 1195 Franken.

Der Gesamtbetrag der Betreuungsgutschriften wird durch die gesamte Beitragsdauer, also die Anzahl der Jahre, in denen Beiträge im individuellen Konto verzeichnet wurden, geteilt und dann zum durchschnittlichen Erwerbseinkommen hinzugezählt. «Die Betreuungsgutschriften erhöhen somit das bei der Rentenberechnung berücksichtigte AHV-pflichtige Einkommen und bewirken eine entsprechend höhere Rente – bis zum Betrag der Maximalrente», erklärt Elisabeth Hostettler, Mediensprecherin beim Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV).

In manchen Fällen kümmern sich mehrere Verwandte um einen Pflegebedürftigen. In solchen Situationen erhalten alle eine Gutschrift, deren Wert dann aufgeteilt wird. Zum Beispiel erhalten drei Geschwister, die einen Angehörigen betreuen, jeweils ein Drittel der Betreuungsgutschrift.

In der Regel wird eine Betreuungsgutschrift mit dem Ehepartner geteilt, vorausgesetzt, beide Partner sind AHV-versichert.

Anmeldung: Betreuungsgutschrift beantragen

Betreuungsgutschriften können bei der kantonalen Ausgleichskasse des Wohnsitzkantons, in dem die betreute Person lebt, beantragt werden. Dies sollte rückwirkend für das vergangene Jahr erfolgen. Es ist wichtig, den Antrag rechtzeitig zu stellen, da der Anspruch nach fünf Jahren verfällt. Das entsprechende Anmeldeformular finden Sie hier, und beachten Sie, dass der Anspruch jedes Jahr erneut geltend gemacht werden muss.

Wann erhält man eine Hilflosenentschädigung?

Manchen Menschen ist es nicht möglich, morgens allein aufzustehen, sich anzuziehen, zu essen, sich selbst zu pflegen, die Toilette aufzusuchen oder soziale Interaktionen durchzuführen. Für diese Personen, die in Bezug auf diese alltäglichen Routinen auf Hilfe angewiesen sind, kann die Gewährung von Hilflosenentschädigung in Frage kommen. Dabei spielt es keine Rolle, wie hoch das individuelle Einkommen oder das Vermögen ist. Personen, die Anspruch auf Hilflosenentschädigung haben, können einen Antrag bei der IV-Stelle ihres Wohnsitzkantons einreichen.

Was ist der Unterschied zwischen Betreuungsgutschriften und Hilflosenentschädigung?

Betreuungsgutschriften sind Zuschläge zum rentenbildenden Erwerbseinkommen und sollen finanzielle Nachteile in der Sozialversicherung aufgrund der Pflegearbeit ausgleichen. Die Hilflosenentschädigung hingegen unterstützt Menschen, die aufgrund von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen auf Hilfe im Alltag angewiesen sind. Beide Leistungen haben unterschiedliche Zielgruppen und Verwendungszwecke, aber sie dienen der Unterstützung von Pflegenden und hilfsbedürftigen Personen in der Schweiz.

Pflege des Vaters – wer bezahlt den Lohn? 

Walter, 56 Jahre alt, steht vor einer schwierigen Entscheidung. Sein Vater wird immer pflegebedürftiger und Walter überlegt, seine Arbeitszeit zu reduzieren, um sich um ihn zu kümmern. Sein Arbeitgeber unterstützt ihn und bietet ihm an, halbtags zu arbeiten. Aber Walter fragt sich, wie er seinen Lohnausfall kompensieren kann, denn sein Vater hat nur eine kleine Rente und ist auf Ergänzungsleistungen angewiesen.

Als er sich bei der Ausgleichskasse informiert, erfährt er, dass es Möglichkeiten gibt, den Lohnausfall zumindest teilweise auszugleichen. Da sein Vater bei alltäglichen Verrichtungen auf Hilfe angewiesen ist, hat er Anspruch auf Hilflosenentschädigungen. Je nach Grad der Hilflosigkeit seines Vaters könnten monatliche Zahlungen von 245 Franken monatlich, bei mittlerer 613 und bei schwerer 980 Franken möglich sein. Darüber hinaus könnte Walter, da er nicht in die Ergänzungsleistungsrechnung seines Vaters einbezogen ist, den entgangenen Lohn geltend machen, vorausgesetzt er hat ein ärztliches Zeugnis über die benötigte Pflege. Die zuständige Ausgleichskasse würde dann aufgrund der kantonalen Gesetzgebung entscheiden.

Walter sollte auch die Krankenkasse seines Vaters kontaktieren, um herauszufinden, ob Kosten für professionelle Pflegedienste, wie Spitex, übernommen werden könnten. Es könnte auch sinnvoll sein, die bestehenden Zusatzversicherungen zu überprüfen, da einige Beiträge an Haushaltshilfen zahlen könnten.

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