Demenz: Ursachen, Symptome und Tipps für Angehörige
Mehr als 30000 Menschen in der Schweiz erkranken jedes Jahr an Demenz oder Alzheimer. Wird Demenz frühzeitig behandelt, lässt sich ihr Verlauf besser aufhalten.
Demenz – das Wichtigste in Kürze:
- Der Begriff Demenz fasst mehr als 100 Krankheiten zusammen. Sie alle behindern die Funktion des Gehirns. Mehr erfahren.
- Verwirrtheit und Antriebslosigkeit können Symptome sein. Mehr erfahren.
- Weshalb Demenz auftritt, ist bis heute nicht geklärt. Mehr erfahren.
- Alzheimer ist die häufigste Demenzerkrankung. Mehr erfahren.
- Beratung, Information und Unterstützung helfen Angehörigen und Erkrankten am meisten. Mehr erfahren. Mehr erfahren.
Die Mutter weiss nicht mehr, was sie am Morgen eingekauft hat. Der Vater vergisst ständig den Haustürschlüssel. Wenn die Eltern vergesslich sind, machen sich erwachsene Kinder Sorgen. Sind Mutter oder Vater an Demenz erkrankt? Was unter Demenz zu verstehen ist, durch welche Symptome sie sich äussert und wie Erkrankte und Angehörige am besten mit ihr umgehen, erklärt Jacqueline Wettstein, Leiterin Kommunikation und Fundraising der Organisation Alzheimer Schweiz.
Was ist Demenz?
Demenz ist nicht die eine bestimmte Krankheit. Stattdessen lassen sich dem Begriff mehr als hundert Krankheiten zuordnen. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie behindern die Funktion des Gehirns – besonders die kognitiven Fähigkeiten wie das Denken, das Gedächtnis, die Orientierung und die Sprache. Dies hat Folgen. Demenzerkrankten fällt es zunehmend schwer, den Alltag selbstständig zu gestalten. Jedes Jahr werden rund 30'000 neue Diagnosen gestellt – vor allem bei älteren Menschen.
«Einige wenige Formen wie zum Beispiel eine Demenz wegen einer Schilddrüsenunterfunktion oder eines Vitamin-B12-Mangels sind umkehrbar», erklärt Jacqueline Wettstein, Leiterin Kommunikation und Fundraising der Organisation Alzheimer Schweiz. Diese Demenzformen lassen sich durch geeignete Behandlungen teilweise oder ganz heilen. Die Mehrheit der Demenzerkrankungen ist dagegen nicht heilbar oder lässt sich nicht aufhalten. Dazu gehören die Alzheimer-Demenz, die vaskuläre Demenz oder die Lewy-Körperchen-Demenz. Jacqueline Wettstein: «Eine geeignete Therapie trägt aber dazu bei, dass die Selbstständigkeit der demenzerkrankten Person länger erhalten bleibt und die Symptome in milderer Form auftreten.»
Was sind die Symptome bei Demenz?
Je eher die Krankheit erkannt wird, umso besser lässt sich ihr Verlauf hinauszögern. Die Organisation Alzheimer Schweiz zufolge nennt folgende Anzeichen für Demenz:
- Gedächtnisstörungen
- Mühe mit der Sprache
- Desorientiert in Raum und Zeit
- Verwirrt mit Personen und Gegenständen
- Ungewohntes Verhalten
- Routine plötzlich weg
- Wahnhafte Vorstellungen
- Antriebslos und passiv
Was ist der Unterschied zwischen Demenz und Alzheimer?
Alzheimer ist mit rund 60 Prozent die häufigste Demenz-Erkrankung. «Die Nervenzellen bauen sich in bestimmten Abschnitten des Gehirns ab», erklärt Jacqueline Wettstein. Nach dem heutigen Wissensstand seien dafür krankheitstypische Eiweisslagerungen verantwortlich. Ein typisches Symptom für Alzheimer sei deshalb der Gedächtnisverlust. «Auch Wortfindungsstörungen sind in der Anfangsphase der Erkrankung möglich. Oft verändert sich auch das Verhalten der erkrankten Person: Sie ist zum Beispiel antriebsloser, depressiver oder zieht sich vermehrt zurück.»
Eine Alzheimer-Erkrankung verläuft schleichend. Jacqueline Wettstein: «Nach dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen betrage die durchschnittliche Krankheitsdauer rund acht bis zehn Jahre.» Die körperliche Schwächung führe oft zu Infekten. Sie seien die häufigste Todesursache einer Demenzerkrankung.
Was ist die Ursache für Demenz?
Die Wissenschaft konnte die genaue Ursache einer Demenzerkrankung noch nicht entschlüsseln. Sie geht von einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus. «Den grössten Risikofaktor stellt das Alter dar», weiss Jacqueline Wettstein. So steige mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken. «Auch weitere Risikofaktoren wie hoher Blutdruck, Rauchen oder Diabetes können dazu beitragen, dass ein Mensch an einer Demenz erkrankt.»
Was müssen Angehörige und Betroffene wissen, wenn ein Familienmitglied dement ist?
Die Diagnose Demenz ist ein Schock für die Erkrankten und deren Angehörigen. «Oft äussert sich der Schock in Trauer oder Wut», berichtet Jacqueline Wettstein. Doch gleichzeitig sorge die Diagnose auch für Klarheit, was mitunter als positiv erlebt werde.
Tipps für die Betreuung und Pflege einer demenzerkrankten Person
Durch den progressiven Krankheitsverlauf ergeben sich Betreuungs- sowie auch Pflegeaufgaben, die immer wieder den Bedürfnissen und der Situation anzupassen sind. Um einen guten Umgang mit der Erkrankung zu finden, sind folgende drei Eckpunkte wichtig:
1. Sich beraten von einer Fachperson lassen: Die Krankheit fordert nicht nur das kranke Familienmitglied selbst, sondern schliesst die nächsten Angehörigen und Freunde ein. Es kommt zu grundsätzlichen Rollenveränderungen im Familiensystem.
2. Sich über die Demenzerkrankung informieren: Wer sich über den Krankheitsverlauf, Unterstützungs- und Entlastungsmöglichkeiten informiert, kann vorausschauend den neuen Alltag gestalten. Die Broschüren und Infoblätter von Alzheimer Schweiz bieten praxisnahe Informationen.
3. Unterstützungsangebote nutzen: Der Austausch mit anderen Betroffenen, Ferien für Menschen mit Demenz, Entlastungsdienst und weitere Unterstützungsangebote für Demenzerkrankte sind wichtig, damit Angehörige gesund bleiben und weiterhin betreuen können.
Mit Hilfe dieser drei Eckpunkte finden Angehörige am ehesten ihre persönliche Balance zwischen den betreuenden und pflegenden Aufgaben und ihren eigenen Bedürfnissen. «Um Konflikte und Spannungen zu vermeiden, ist es wichtig, dass Angehörige auch auf ihre eigene Gesundheit schauen», betont Jacqueline Wettstein.
Tipps für den Umgang mit Demenz
1 Kurze, einfache Sätze: «Eine komplizierte Sprache mit langen Sätzen und vielen Fremdwörtern ist anstrengend, vor allem für Menschen mit Demenz», erklärt Jacqueline Wettstein. Ihre Tipps: Langsam sprechen, kurze und einfache Sätze formulieren, Blickkontakt suchen. «Geschlossene Fragen, die mit einem Ja oder Nein beantwortet werden können, erleichtern das Antworten.» Häufig würden auch Fotos hilfreich sein, wenn sich zum Beispiel die erkrankte Person nicht mehr an den Namen erinnern könne.
2 Feste Abläufe: Eingespielte Abläufe, zum Beispiel ein täglicher Spaziergang zur jeweils gleichen Tageszeit, sind für Menschen mit Demenz wichtig. Solche Rituale vermitteln Sicherheit und Vertrautheit. Veränderungen seien dagegen zu vermeiden, so Jacqueline Wettstein. «Aktivitäten, vor denen die demenzerkrankte Person sich fürchtet, werden am einfachsten schrittweise angegangen.»
3 Reflexion: Eine Demenzerkrankung verändert das Verhalten der erkrankten Person. Jacqueline Wettstein «Die Persönlichkeitsveränderung, die sich beispielsweise in Reizbarkeit, Rückzug oder unangebrachtem Verhalten ausdrückt, ist der Erkrankung geschuldet.» Angehörige sollten daher versuchen, die Reaktionen nicht persönlich zu nehmen. Der Austausch mit anderen Angehörigen von Demenzerkrankten helfe dabei.