Krankheiten

Hörsturz: Definition, Symptome, Behandlung

Plötzlich auf einem Ohr taub oder schwerhörig: Ein solcher Hörsturz kann jeden treffen. Was die Auslöser dafür sind, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Eine grosse Rolle spielt jedoch körperlicher Stress – ausgelöst durch Viren und Infektionen oder den Lebensstil. An welchen Symptomen man einen Hörsturz erkennt und wie man ihn behandelt, erklären wir hier.

Das Bild zeigt ein Comic mit einem Ohr, wo Ärzte daran herumwerkeln.
Bei einem Hörsturz sind HNO-Ärzte die richtigen Ansprechpersonen.  © lemono / iStock / Getty Images Plus

Hörsturz – das Wichtigste in Kürze:

Plötzlich ist es in einem Ohr dumpf als wäre Watte im Ohr und man hört Geräusche, wo eigentlich keine sind: Ein solcher Hörsturz kommt in der Schweiz jährlich bei 20 von 100 000 Personen vor. Treffen kann es jeden. Das Gute ist: Viele Hörsturzfälle heilen innerhalb von 48 Stunden von selbst. Es ist dennoch wichtig, die Symptome zu kennen und sich bei Bedarf an einen Arzt zu wenden.

Definition: Was ist ein Hörsturz?

Ein Hörsturz ist eine vorübergehende und plötzlich auftretende Schwerhörigkeit oder vollständige Ertaubung, die ohne erkennbare Ursache entsteht. Der Hörsturz kann von Schwindelgefühlen oder Ohrensausen begleitet werden. Tatsächlich kommt es im Laufe des Lebens bei den meisten Menschen zu kleineren Hörstürzen, die jedoch in der Regel nach wenigen Tagen wieder von selbst verschwinden. Wer über einen längeren Zeitraum Beschwerden hat, sollte unbedingt einen HNO-Spezialisten aufsuchen. HNO steht für Hals, Nasen, Ohren.

Symptome: Wie man merkt, dass man einen Hörsturz erlitten hat

Ein Hörsturz kündigt sich im Normalfall mit einem klaren Symptom an: «Oft beginnt es mit einem Ohrgeräusch, einem Tinnitus», sagt Prof. Dr. med. Stefan Weder. Er ist Leitender Arzt und Co-Leiter des Otologie- und Hörimplantate-Zentrums am Inselspital in Bern. «Anschliessend kommt es zu einem subjektiven Hörverlust oder zu einer Hörverminderung.» Betroffene klagen häufig auch über Druck auf dem Ohr, Schwindel und Lärmempfindlichkeit. Ohrenschmerzen treten bei einem Hörverlust jedoch nicht auf. Die Betroffenen haben lediglich das Gefühl, als würde ihr Gehörgang durch ein Stück Watte oder einen Stöpsel verschlossen sein. Hörstürze auf beiden Ohren sind seltene Ausnahmen. Meistens ist nur ein Hörsturz zu verzeichnen.

Die Grafik zeigt sechs Tipps für gesunde Ohren.
© meineEltern.ch

Dauer: Wie lange dauert ein Hörsturz?

In der Regel heilt ein Hörsturz innerhalb der ersten 24 Stunden nach den ersten Symptomen aus. Laut dem Experten kann er aber auch bis zu zwei Wochen dauern, wenngleich es sich um eine Ausnahme handelt.

Früher wurde ein Hörsturz als Notfall angesehen: Sofort ins Spital, lautete die Empfehlung. Das gilt heute nicht mehr. Aber: Zwei Wochen sollte man dennoch nicht warten. Stefan Weder sagt: «Sollten die Beschwerden für mehrere Stunden anhalten, empfehlen wir eine Vorstellung auf einer Notfallstation oder bei einem HNO-Spezialisten. Ein Hörsturz muss ernst genommen werden.»

Diagnose: Wie stellen Ärzte einen Hörsturz fest?

HNO-Ärzte verwenden verschiedene Untersuchungsmethoden, um Hörstürze zu diagnostizieren. In der Regel werden diese Verfahren nach dem klassischen Ausschlussverfahren angewendet. So lassen sich zunächst weitere Erkrankungen des Ohres ausschliessen, bevor ein Hörsturz diagnostiziert wird.

Der erste Schritt ist die Anamnese, die eine gründliche Befragung des Patienten umfasst. Dabei werden Fragen zu seinem Befinden und zu den vorliegenden Symptomen gestellt. Für den Mediziner ist es wichtig, zu erfahren, seit wann die Symptome bestehen und in welcher Form sich diese zeigen.

Der HNO-Arzt kann weitere Untersuchungen durchführen, um die Funktionsfähigkeit des betroffenen Ohrs zu überprüfen. Zum Beispiel die Ohrmikroskopie oder auch die Ohrspiegelung. Durch diese Verfahren ist es dem Mediziner möglich, die Gesundheit des Trommelfells und des Gehörgangs sowie des Mittelohrs zu beurteilen. Beispielsweise kann es sein, dass der äussere Gehörgang durch Ohrenschmalz verstopft ist und davon befreit werden muss. Verschiedene Hörtests können dabei helfen, den Hörverlust genauer zu bestimmen. Bei Verdacht auf einen Hörsturz wird zusätzlich der Blutdruck gemessen. Denn oft hängt ein Hörsturz mit einem niedrigen Blutdruck zusammen.

Ursache: Was kann zu einem Hörsturz führen?

Es gibt unterschiedliche Ursachen für einen Hörsturz. Mögliche Auslöser sind zum Beispiel Infektionen, die durch Viren entstehen, wie beispielsweise Influenza oder Mumps. Auch Autoimmunprozesse, Stoffwechselstörungen und Stress können einen Hörsturz auslösen. Häufig ist es auch eine Folge von Durchblutungsstörungen im Innenohr, wie sie beispielsweise nach einer Embolie, Thrombose oder Gefässverengungen im Ohr auftreten können. Im Zuge dessen werden mitunter die Sinneszellen, die für das Hören verantwortlich sind, vorübergehend beschädigt.

Bei kleineren Hörstürzen erholen sich die betroffenen Zellen schnell und man hört auf beiden Ohren wieder wie gewohnt. Wenn es sich um einen schweren Hörsturz handelt, kann es aber auch zu einem Absterben einiger Hörzellen kommen. Betroffene müssen dann mit einer Hörschädigung im entsprechenden Frequenzbereich leben.

Hörprobleme durch Corona

Je nach Verlauf des Coronavirus kann es passieren, dass durch die Corona-Erkrankung verschiedene Organe angegriffen werden. Dazu zählen unter Umständen auch Sinnesorgane: Ein Verlust unseres Geruchssinns, der für einige Wochen anhalten kann, ist keine Seltenheit. Und auch die Ohren können davon betroffen sein. Rund 15 Prozent aller Corona-Erkrankten erleiden einen Tinnitus. Das fanden Wissenschaftler der englischen Universität Manchester heraus. Aber: «Es konnte bisher kein eindeutiger Zusammenhang nachgewiesen werden. Entsprechende Studien laufen noch und werden hoffentlich bald Klarheit schaffen», sagt Stefan Weder.

Behandlung: Wie kann man einen Hörsturz behandeln?

Für eine Hörsturzbehandlung gibt es verschiedene Therapieansätze, die je nach Schwere der Erkrankung, aber auch abhängig von den Symptomen des Patienten von einem HNO-Arzt festgelegt werden.

Im Allgemeinen verschreiben Ärzte Infusionen, die eine gefässerweiternde Wirkung haben und somit einen verbesserten Blutfluss im betroffenen Ohr bewirken. Auch Vitamin-B-Präparate in Tabletten- oder Kapselform und Cortison werden mitunter bei einem Hörsturz eingesetzt. Medikamente mit dem Inhaltsstoff Procain wirken entzündungshemmend und hemmen Nervenzellen, die für die Gefässverengung im betroffenen Ohr verantwortlich sind.

Die sogenannte intratympale Therapie ist eine direkte Behandlungsform des betroffenen Ohres durch eine Spritze mit Glukokortikoid. Diese Behandlung wird jedoch in der Regel erst dann eingesetzt, wenn entsprechende Medikamente keinen Erfolg versprechen. Die örtliche Betäubung dient dazu, die Spritze weniger schmerzhaft zu machen.

Ausserdem gibt es verschiedene Spezialtherapien, bei denen die Heilerfolge jedoch unterschiedlich bewertet werden und die teilweise auch unter Medizinern umstritten sind. Ein Beispiel dafür ist die hyperbare Sauerstofftherapie. Hier wird Sauerstoff über eine Druckkammer verabreicht, um die Heilung des Hörsturzes zu fördern.

Gibt es Hausmittel, mit denen man einen Hörsturz behandeln kann?

Nein. Stefan Weder sagt: «Sollte sich die Diagnose eines Hörsturzes bestätigen, empfehlen wir, falls keine Kontraindikationen bestehen, die Verabreichung von Glukokortikoiden.» Die Medikation kann als Tablette oder als lokale Injektion ins Mittelohr verabreicht werden. Bei sehr schweren Fällen werden Betroffene hospitalisiert und die Medikation über die Vene verabreicht.

 Kann man einen Hörsturz vorbeugen?

Vorbeugende Massnahmen für einen Hörsturz gibt es nicht. «Alles, was dem Herz guttut, tut auch dem Ohr gut», sagt Weder jedoch.

Das heisst:

Zur Person:

Das Bild zeigt Stefan Weder.
 Stefan Weder. © Gianni Pauciello

Prof Dr. med. Stefan Weder ist Leitender Arzt und Co-Leiter Otologie und Hörimplantate-Zentrums am Inselspital in Bern.

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