Pflege

Was soll man tun, wenn man mit der Spitex-Pflegekraft unzufrieden ist?

Sind Sie oder Ihre Eltern unzufrieden mit der Pflege, die von der Spitex-Pflegekraft geleistet wird? Fühlt es sich so an, als ob die Harmonie zwischen den Pflegebedürftigen und der Pflegekraft nicht ganz stimmt? Marianne Pfister, Co-Geschäftsführerin bei Spitex Schweiz, teilt im Gespräch mit meineeltern.ch wertvolle Tipps, was Angehörige in einer solchen Situation tun können.

Eine Seniorin blickt in die Kamera.
Zur Pflege gehört auch die menschliche Beziehung – daher muss die Chemie zwischen Pflegekraft und pflegebedürftiger Person stimmen.  © Evrymmnt / iStock / Getty Images Plus

Es ist nicht immer einfach, aber es ist entscheidend, dass Ihre Eltern lernen, offen und ehrlich Kritik an der Pflege, die sie erhalten, zu üben. Diese Offenheit trägt wesentlich zur Zufriedenheit mit der Pflege bei und ist wichtig für die Sicherheit und das Wohlergehen Ihrer Eltern. Im Interview mit Marianne Pfister erfahren Sie, wie die Spitex Schweiz mit Kritik umgeht. 

Nicht immer fällt es älteren Menschen leicht, Kritik oder Unzufriedenheit zu äussern. Lesen Sie hier, wie:

Meineeltern.ch: Warum ist eine gute Beziehung zwischen Pflegebedürftigen und Pflegefachkräften essenziell?

Marianne Pfister: Die Beziehungsarbeit ist ein sehr wichtiger Aspekt der Pflege. Bei einer patientenzentrierten Pflege ist der Beziehungsaufbau essenziell, vor allem in der Spitex, wo die Pflegenden «Gast» bei den Klientinnen oder Klienten sind. Dabei dürfen auch die Angehörigen nicht vergessen gehen, auch zu ihnen ist eine gute Beziehung mit gegenseitigem Respekt und Vertrauen wichtig.

Was sind die ersten Schritte, die eine pflegebedürftige Person oder deren Angehörige unternehmen soll, wenn sie mit der Qualität der Pflege oder dem Verhalten einer Spitexpflegekraft unzufrieden sind?

In einem solchen Fall sollte die Person die Pflegende unbedingt darauf ansprechen. Es geht in erster Linie darum, Lösungen im persönlichen Gespräch zu suchen. Ist das nicht möglich oder schwierig, ist eine Kontaktaufnahme mit der zuständigen Spitex-Organisation und der fallführenden Fachperson wichtig.

Es gibt in vielen Kantonen Ombudsstellen, wo sich die Betroffenen hinwenden können.

An wen sollten sich Betroffene wenden, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Bedenken intern nicht ernst genommen oder nicht zufriedenstellend adressiert werden?

Es gibt in vielen Kantonen Ombudsstellen, wo sich die Betroffenen hinwenden können. Das sind Anlaufstellen für Beschwerden. Es gibt aber auch diverse Patientenorganisationen.

Wie arbeitet Spitex daran, Unzufriedenheit und Missverständnisse zwischen Pflegebedürftigen und Pflegekräften von vornherein zu vermeiden?

Die Spitex-Mitarbeitenden sind Fachpersonen und auch darin geschult, solche Situationen zu verhindern oder professionell damit umzugehen. Eine respektvolle, offene und konstruktive Kommunikation ist Voraussetzung für ein gutes Verhältnis zwischen Pflegenden und den pflegebedürftigen Personen.

Jede Beschwerde wird erfasst und bearbeitet.

Können Sie das offizielle Beschwerdeverfahren bei Konflikten mit einer Spitexpflegekraft beschreiben? Welche Schritte sind inkludiert und wie werden diese dokumentiert?

Die Spitex-Organisationen kennen ein Beschwerdemanagement. Jede Beschwerde wird erfasst und bearbeitet und mit den beschwerdeführenden Personen wird anschliessend Kontakt aufgenommen.

Inwiefern tragen Schulungen und Weiterbildungen der Pflegefachkräfte dazu bei, Konflikte zu minimieren und die Zufriedenheit der Pflegebedürftigen zu erhöhen?

Schulungen und Weiterbildungen zu Themen wie Kommunikation oder professioneller Umgang mit Klientinnen und Klienten sind sehr wichtig. Die Spitex ist eine attraktive Arbeitgeberin, dazu gehören auch regelmässige Weiterbildungen. Wichtig ist auch die Vorbildungsfunktion der Führungspersonen im Umgang mit Konfliktthemen.

Stimmt die Chemie nicht, ist es schwierig für die Heilung und den Pflegeprozess.

Wie wichtig ist die Chemie zwischen Pflegebedürftigen und Pflegefachkräften und wie geht Spitex damit um, wenn die Chemie einfach nicht stimmt?

Die Chemie ist sehr wichtig. Stimmt diese nicht, ist es schwierig für die Heilung und den Pflegeprozess. Wichtig ist, dass dies angesprochen wird und Lösungen gefunden werden. Eine Lösung kann auch sein, das dem Klienten oder der Klientin eine andere Pflege-Fachperson zugeordnet wird.

Wie wird die Qualität der Pflegeleistungen überwacht und sichergestellt, und wie werden Feedback und Beschwerden in diesen Prozess integriert?

Es gibt das Qualitätsmanual von Spitex Schweiz, das für die Spitex-Organisationen verbindlich ist. Beim Qualitätsmanual handelt es sich um ein gesamtschweizerisches Branchenhandbuch für alle Spitex-Organisationen, unabhängig von ihrer Grösse, Region, Trägerschaft und Art und Umfang ihres Leistungsangebots. Das Qualitätsmanual bildet die Grundlage für das betriebliche Qualitätsmanagement der Spitex-Organisationen. Es verfolgt verschiedene Ziele und kann für verschiedene Zwecke genutzt werden.

Was sind die wichtigsten Ratschläge, die Sie Pflegebedürftigen und deren Angehörigen geben können, um eine positive und konstruktive Beziehung zu ihrer Spitexpflegekraft aufzubauen und zu erhalten?

Ein gegenseitiger, respektvoller Umgang und eine offene Kommunikation sind das A und O einer guten und konstruktiven Beziehung.

Das können Angehörige tun, falls diese mit der Pflegekraft unzufrieden sind

  1. Ansprechen: Zunächst sollte man das persönliche Gespräch mit der Pflegekraft suchen, um die Unzufriedenheit zu thematisieren.
  2. Kontakt zur Spitex: Falls das Gespräch keine Lösung bringt, soll man die zuständige Spitex-Organisation und die fallführende Fachperson kontaktieren.
  3. Beschwerdestellen: Bei weiterhin bestehenden Problemen kann man sich an Ombudsstellen oder Patientenorganisationen wenden. Beispiele dafür sind: Beschwerdestelle für das Alter (UBA) oder die SPO Patientenorganisation

Zur Person

Marianne Pfister
Marianne Pfister. © Spitex Schweiz

Marianne Pfister ist Co-Geschäftsführerin bei Spitex Schweiz. Spitex Schweiz ist der nationale Dachverband von Spitex-Kantonalverbänden und weiteren Organisationen für professionelle Pflege und Unterstützung zu Hause. Er setzt sich auf nationaler Ebene für die Interessen der Mitglieder und deren lokalen Spitex-Organisationen ein und stellt Dienstleistungen für die gesamte Branche zur Verfügung. Rund 400 Organisationen mit über 40 000 Mitarbeitenden pflegen und betreuen Menschen jeden Alters, damit diese weiterhin in ihrer gewohnten Umgebung leben können. Unsere Organisationen versorgen rund 80 Prozent der Spitex-Klientinnen und -Klienten in der ganzen Schweiz. 
Der Begriff «Spitex» steht für spitalexterne Pflege und bezeichnet die professionelle Betreuung zu Hause. Der Spitex Verband Schweiz hält die Rechte am Spitex-Logo. Der Begriff «Spitex» selbst ist rechtlich nicht geschützt und wird von sowohl von gemeinnützigen als auch von kommerziellen Anbietern genutzt.

Woran erkennt man, dass die Eltern unzufrieden sind?

Nicht alle Eltern äussern Kritik. Gerade ältere Generationen sind es sich nicht gewohnt, Kritik zu üben und akzeptieren oft stillschweigend die Situation. Wie erkennt man also, ob die Eltern mit ihrer Pflegekraft unzufrieden sind?

  • Beobachtungen: Achten Sie auf Veränderungen im Verhalten oder in der Stimmung der Eltern, insbesondere nach Besuchen der Pflegekraft.
  • Direkte Kommunikation: Fragen Sie regelmässig, wie zufrieden sie mit der Betreuung sind und ob sie sich wohl fühlen.
  • Umwege: Manchmal äussern sich Unzufriedenheiten indirekt, achten Sie also auf nebenbei geäusserte Bemerkungen oder Kritik.
  • Vertrauenspersonen einbeziehen: Falls die Eltern nicht direkt mit ihren Kindern sprechen möchten, könnte eine andere vertraute Person als Vermittlerin dienen.

So ermutigen Sie Ihre Eltern, ihre Bedenken zu äussern

Kritik zu äussern kann schwierig sein, besonders in einem persönlichen Kontext wie der Pflege. Menschen können sich unsicher fühlen, wie ihre Worte aufgenommen werden, oder Sorgen haben, dass geäusserte Kritik negative Konsequenzen nach sich zieht. Es kann auch eine Frage des Respekts oder der Konfliktscheue sein, vor allem bei älteren Generationen, die möglicherweise zu einer Zeit aufgewachsen sind, in der man weniger offen Kritik übte.

  • Verständnis zeigen: Zeigen Sie Verständnis für ihr Zögern, Kritik zu üben, und betonen Sie die Wichtigkeit ihrer Zufriedenheit und Sicherheit. Dies kann helfen, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, in der sich die Person eher traut, offen zu sprechen.
  • Positive Verstärkung: Betonen Sie, dass ihre Meinung wertvoll ist und positive Veränderungen bewirken kann. Ein ehrliches Feedback kann zu einer verbesserten Pflegequalität führen. Wenn sich Patienten in ihrer Umgebung und mit ihrem Pflegepersonal wohlfühlen, können Stress und Angst verringert werden, was wiederum das Immunsystem stärkt und zur Genesung beiträgt.
  • Beispiele geben: Erzählen Sie von Situationen, in denen Feedback zu Verbesserungen geführt hat.
  • Gemeinsam vorgehen: Bieten Sie an, das Gespräch mit der Pflegekraft oder der Organisation gemeinsam zu führen, um Unterstützung zu bieten und Ängste zu minimieren.
  • Schrittweise Annäherung: Beginnen Sie mit kleineren, weniger konfrontativen Gesprächen und bauen Sie darauf auf.

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