Pflegende Angehörige: So vermeiden Sie Überforderung
Viele erwachsene Kinder pflegen ihre Eltern zu Hause. Wenn die Pflegesituation nicht akut ist, rutschen Angehörige fast unbewusst in eine Vollzeit-Pflege hinein. Mit der Zeit fühlen sich die Pflegenden gestresst und überfordert. Ihnen fällt es immer schwerer, Privatleben, Beruf und Pflege unter einen Hut zu bringen. Wie lässt sich Überforderung vermeiden? Auf welche körperlichen Symptome sollte man als pflegende Angehörige achten und wann sollte man Hilfe holen?

Pflegende Angehörige – das Wichtigste in Kürze:
- Was sind die Vorteile, wenn man seine Liebsten zu Hause pflegt? Erfahren Sie mehr hier.
- Gibt es auch Nachteile, wenn man seine Angehörigen pflegt? Mehr erfahren Sie hier.
- Warum es sinnvoll ist, sich bei den Aufgaben einen Überblick zu verschaffen. Erfahren Sie hier mehr.
- Die Pflegesituation kann einen schnell überfordern. Diese Warnzeichen gibt es.
- Wo können pflegende Angehörige Hilfe holen? Diese Anlaufstellen sollten Sie kontaktieren.
- Kleine Auszeiten im Alltag verhelfen zu mehr Entspannung. Beispiele finden Sie hier.
Die Schweizer Bevölkerung wird immer älter. Nicht nur ältere Menschen, sondern auch erkrankte Personen benötigen Hilfe und Unterstützung im Alltag. Sei es beim Einkaufen, im Haushalt oder bei der Körperhygiene. Viele möchten trotz Krankheit bis ins hohe Alter zu Hause bleiben. 6 von 10 von zu Hause Lebenden werden von Angehörigen betreut. Die Angehörigen unterschätzen dabei häufig die Betreuung. Die Folge: Sie brennen aus.
Wer zählt zu den pflegenden Angehörigen?
Pflegende Angehörige können die Ehegatten, die Kinder, die Eltern oder die Geschwister des Pflegebedürftigen sein. Aber auch Schwiegereltern, Stiefkinder, Gross- und Urgrosseltern oder die Lebensgefährten fallen darunter.
Unter «pflegende Angehörige» werden demnach alle Personen verstanden, welche sich um dauerhaft erkrankte und pflegebedürftige ältere Familienmitglieder kümmern. Sie pflegen sie nicht nur, sie übernehmen auch alltägliche Aufgaben wie den Einkauf oder den Haushalt.
Welche Vorteile haben pflegende Angehörige?
Neben dem positiven Gefühl, eine echte Unterstützung für die zu pflegende Person zu sein, hat die Pflege zu Hause weitere Vorteile:
- pflegende Angehörige wissen, dass Pflegebedürftige nicht aus ihrem vertrauten Umfeld gerissen werden
- sie zeigen den zu pflegenden Angehörigen Wertschätzung
- als Familie ist man sich nahe
- die Pflege zu Hause ist günstiger als ein Aufenthalt in einem Altersheim
- pflegende Angehörige können Betreuungsgutschriften der AHV beantragen
- wer dauernd auf Pflege angewiesen ist, hat Anspruch auf Hilflosenentschädigung – Patientinnen und Patienten können das Geld an ihre pflegenden Angehörigen weitergeben.
Welche Nachteile haben pflegende Angehörige?
Es gibt neben Vorteilen auch Nachteile:
- Die Wohnung ist nicht altersgerecht eingerichtet und erfordert teure Investitionen
- Angehörige haben wenig Erfahrung in der Pflege
- Angehörige müssen Beruf, Familie und die Pflege der Angehörigen unter einen Hut zu bekommen
- Angehörige haben kaum Zeit für sich und eigene soziale Kontakte
- Angehörige leiden je nach Pflegeaufwand unter psychischer und körperlicher Belastung und können ein Burnout erleiden
- Angehörige, die überfordert sind, können krank oder gewalttätig werden
- Die zu pflegenden Angehörigen können aggressiv oder gewalttätig werden.

Pflegende Angehörige: Verschaffen Sie sich einen Überblick
Um sich vor einer Überbelastung zu schützen, sollten Sie sich regelmässig mit den anstehenden Aufgaben auseinandersetzen. Verschaffen Sie sich einen Überblick. Machen Sie zum Beispiel einen Tagesplan, in welchem Sie alle Aufgaben notieren. Auch ein Pflegetagebuch, wo Sie alle Arbeiten protokollieren, kann Ihnen zu einem Überblick verhelfen. Schätzen Sie Ihre Kapazitäten ehrlich ein. Schaffen Sie wirklich alle Aufgaben?
Was belastet pflegende Angehörige?
Angehörige, welche Familienmitglieder pflegen, wünschen sich selten materielle Anerkennung. Vielmehr wünschen sie sich Unterstützung von aussen. Sie benötigen Informationen und Beratungsangebote rund um die eigene Gesundheit. Auch wollen sie wissen, wie sie alles unter einen Hut bekommen. Ein häufiger Wunsch ist auch die gesellschaftliche Anerkennung für die erbrachte Leistung.
Hinzukommt: Die Fülle an Aufgaben kann pflegende Angehörige schnell stark belasten. Der Stress und die eigene Gesundheit rücken aber in den Hintergrund und werden irgendwann zur Belastungsprobe.
Woran erkennt man Überforderung?
Jedes Kartenhaus bricht früher oder später in sich zusammen. Körperliche Signale weisen darauf hin, dass man gestresst ist und die Situation einen möglicherweise überfordert.
Seelische Symptome:
- Unzufriedenheit
- Antriebslosigkeit
- Schwäche
- innere Unruhe
- Angstzustände
Körperliche Symptome:
- Magenprobleme
- Herzrasen
- Geräuschempfindlichkeit
- Atembeschwerden
- Kopfschmerzen
Wie können pflegende Angehörige gesund bleiben?
Die Gesundheit steht in der Regel an erster Stelle. Das sollte auch für pflegende Angehörige gelten. Doch viele ignorieren ihre Bedürfnisse und brennen irgendwann aus. Oft möchten sie ihre Angehörigen so lange wie möglich zu Hause zu pflegen. Schliesslich haben sie versprochen, füreinander da zu sein. Der Ehrgeiz, das zu schaffen, ist gross. Hinzukommt, dass die finanzielle Situation einen stationären Aufenthalt in einem Heim verunmöglicht. Wer aber andere pflegt, benötigt regelmässig Pausen über längere Zeiträume. Auch kurze Auszeiten im Alltag können viel bewirken.
10 Tipps für Auszeiten im Alltag
einen Spaziergang im Wald machen
Ein Spaziergang im Wald kann Stress reduzieren und das Immunsystem dauerhaft stärken. Lassen Sie das Smartphone zu Hause und lauschen Sie den Geräuschen im Wald.
in der Wohnung tanzen
Tanzen fördert die Bildung neuer Nervenzellen und lässt das Risiko, an Demenz zu erkranken, senken. Wer tanzt, setzt im Körper auch Glückshormone frei.
singen
Singen verbessert nicht nur die Haltung, es stärkt auch die Abwehrkräfte, bringt den Kreislauf in Schwung und macht glücklich. Mehr erfahren Sie hier.
an der Sonne Energie tanzen
Vitamin D ist wichtig für den Aufbau und Erhalt starker Knochen. Vitamin D ist essenziell für den Aufbau und Erhalt starker Knochen. Die Sonnenstrahlen wirken sich auch positiv auf die Stimmung aus.
ein Buch lesen
Lesen lindert Stress und fördert Entspannung. Wer viel liest, lebt sogar länger. Zu diesem Schluss kommen US-amerikanische Forscher der Yale Universität in einer Studie.
ein Bad nehmen
Ein warmes Bad kurbelt die Durchblutung an und entspannt den Körper. Japanische Wissenschaftler stellten in einer Studie fest, dass regelmässige Heissbader ein tieferes Risiko haben, an einer Herzkrankheit oder einem Schlaganfall zu sterben.
meditieren
Meditieren hebt die Stimmung, verbessert den Umgang mit Gefühlen, erhöht die Konzentrationsfähigkeit und macht klarer im Denken.
Yoga machen
Yoga kann sich positiv auf Körper und Geist auswirken. In der Psychotherapie eingesetzt, kann Yoga Angstzustände verringern und Depressionen lindern.
richtig atmen
Wer Stress hat, atmet flach und schnell. Das kann sich auf Dauer negativ auf den Körper auswirken. Atemübung: Das eine Nasenloch während des Einatmens zuhalten, das andere während des Ausatmens. Ein paar Mal wiederholen.
reden
Reden hilft. Über Probleme, Ängste, negative Gefühle zu reden, ist der erste Schritt zur Besserung. Gespräche entlasten und gegeben Kraft.
Wann ist die Pflege zu Hause nicht mehr möglich?
Wenn der Pflegeaufwand zu gross wird und man deswegen gesundheitliche Probleme hat, müssen Betroffene handeln. Denn letztlich riskieren sie ihre Gesundheit, um für ihre Liebenden da zu sein. Wenn ihre innere Stimme zu ihnen sagt: «Ich kann nicht mehr», sollten Betroffene sich eingestehen, dass sie überfordert sind und die Aufgaben nicht mehr stemmen können. Betroffene sollten sich dann an eine Anlaufstelle wenden und sich beraten lassen.
Welche Anlaufstellen gibt es?
In jedem Kanton gibt es öffentliche und private Institutionen, an die sich pflegende Angehörige wenden können, wenn sie Fragen haben oder Hilfe benötigen. Aber auch nationale Institutionen bieten Hilfe an.
Anlaufstellen: