Wohnformen für Menschen mit Demenz: Wie geht das?
Wenn Mutter oder Vater dement werden, stellt sich schnell die Frage, wie es weitergehen soll. Zum Glück gibt es Wohnformen, in denen Demenz-Kranke gut zurechtkommen. Betroffene selbst möchten möglichst lange zu Hause leben. Je nach Pflegeaufwand ist das aber nicht immer möglich. Um die geeignete Wohnform für Demenzkranke zu finden, gilt es, verschiedene Kriterien zu berücksichtigen. Auf was Sie bei der Suche achten müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wohnformen für Menschen mit Demenz – das Wichtigste in Kürze
- Es gibt keine Wohnform, die pauschal als die beste gilt. Entscheidend ist die persönliche Situation der Erkrankten. Welche Kriterien wichtig sind.
- Eine gewisse Zeitlang lässt sich zuhause gut leben, sofern es Hilfe und Unterstützung gibt. Lesen Sie mehr dazu hier.
- Es existieren nur wenige Einrichtungen für Menschen mit frontotemporaler Demenz in der Schweiz. Weitere Infos finden Sie hier.
- Viel Betreuung, Hilfe und Pflege bieten Wohngemeinschaften. Weitere Vorteile lesen Sie hier.
Soeben noch hat Mutter telefoniert, nun scheint sie sich nicht mehr an das Gespräch zu erinnern. Angehörige erschrecken, wenn sie merken, dass Kurzzeitgedächtnis und Merkfähigkeit bei älteren Angehörigen leiden. Denn Demenz bedeutet, wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verlieren. Wie können Demenzkranke dennoch im Alltag zurechtkommen? Wichtig ist es, eine geeignete Wohnform zu finden.
Welche Wohnformen eignen sich für Demenzkranke?
Wie können Menschen, die demenzkrank sind, auch weiterhin so gut wie möglich leben? «Die geeignete Wohnform ist von verschiedenen Faktoren abhängig», sagt Jacqueline Wettstein, Leiterin Kommunikation und Fundraising bei der Organisation Alzheimer Schweiz. «Eine Wohnform, die zum Beispiel zu Beginn der Erkrankung geeignet war, ist vielleicht nicht mehr sinnvoll, wenn die Krankheit fortschreitet.»
Folgende Kriterien sollten bei der Wahl der Wohnform beachtet werden:
- die individuellen Umstände
- die finanziellen Möglichkeiten
- der notwendige Pflegeaufwand
- die Zeit, die Betreuende und Pflegende aufbringen können
- die Bedürfnisse und Wünsche der Demenzbetroffenen
Am liebsten zu Hause! Jacqueline Wettstein weiss aus Erfahrung, dass Erkrankte oft den Wunsch haben, in ihrem bekannten Umfeld zu bleiben. Dieser Wunsch lässt sich leicht nachvollziehen, denn zu Hause können sie sich am besten orientieren. Jacqueline Wettstein: «Unterstützung durch Spitex-Organisationen, Entlastungsdienste, Beratung sowie Tages- und Nachtstätten können dabei helfen, diesen Wunsch eine gewisse Zeit lang zu erfüllen.» Doch sie macht auch deutlich: «Alleinlebenden Menschen benötigen dafür ein breites Betreuungs- und Pflegenetz.»
Da die vaskuläre Demenz oft erst im höheren Lebensalter auftritt, werden die Erkrankten häufig zu Hause von Angehörigen, Spitex oder Tagesstätten betreut und unterstützt. Später wechseln sie dann in ein Pflegeheim.
Die Betreuung von Menschen mit frontotemporalen Demenz stellt sich oft schwieriger dar, denn die Krankheit setzt früher ein, häufig bereits vor dem 65. Lebensjahr. Wenn die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner noch berufstätig ist, wird die Betreuung oft zur besonders grossen Herausforderung. Darüber hinaus gibt es nur wenige spezifische Pflegeinstitutionen in der Schweiz. «Bestehende Angebote sind häufig unpassend, denn die Erkrankten sind oft noch lange körperlich fit und haben andere Bedürfnisse als ältere Demenzerkrankte», berichtet Jacqueline Wettstein.
Betreutes Wohnen für Demenzpatienten
Menschen, die bereits betreut wohnen, erhalten in dieser Wohnform Hilfe und Pflege. Wer aber bereits unter Demenz leidet und dann erst diese Wohnform wählt, findet sich hier womöglich nicht ausreichend zurecht. Zu neu ist die Wohnung, zu wenig strukturiert der Alltag. Geeignet ist betreutes Wohnen daher dann, wenn Menschen mit Demenzerkrankung ausdrücklich zur Zielgruppe gehören und sie ausreichende Tagespflege und Betreuung bekommen.
Wohngemeinschaften für Demenzerkrankte
Wohngemeinschaften können eine Lösung sein für Menschen, die allein wohnen und im Anfangsstadium einer Erkrankung sind. Wichtig ist, bei der Auswahl einer Wohngemeinschaft darauf zu achten, dass die Autonomie, soziale Kontakte, Routinen, das Übernehmen von Alltagsaufgaben und Bewegung gefördert werden.
«Für Menschen mit einer frontotempolaren Demenz sind solche Wohngemeinschaften jedoch nicht unbedingt geeignet, weil sie soziale, emotionale und psychische Einschränkungen aufweisen», darauf macht Jacqueline Wettstein aufmerksam. Sie bedauert, dass in der Schweiz geeignete Wohngemeinschaften für jung Betroffenen fehlen.
Wohnen in häuslicher Umgebung mit Demenz
Können demenzerkrankte Menschen noch zuhause wohnen? Die Antwort ist vom Einzelfall abhängig. Voraussetzung ist, dass sie ein Netz von Unterstützenden haben, die regelmässig nach ihnen sieht und sie betreuen. Darüber hinaus muss auch die Wohnung so gestaltet sein, dass die Betroffenen dort gut und relativ gefahrlos zurechtkommen. Das heisst, die Wohnung benötigt gutes Licht – auch nachts. Darüber hinaus sind technische Hilfen notwendig, die Gefahren mindern, wie zum Beispiel Zeitschaltuhren für elektrische Geräte, Rauchmelder und ein Hausnotrufgerät. «Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten können helfen, die Wohnung oder das Haus auf die geänderten Bedürfnisse auszurichten», so Jacqueline Wettstein.
Wie findet man einen Platz?
Die Suche nach einem Platz gestaltet sich kantonal unterschiedlich. Einige Kantone verfügen über Koordinationsstellen, die Auskunft über freie Plätze geben können. Ausserdem informieren Alzheimer Schweiz und ihre kantonalen Sektionen über die verschiedenen Angebote.
Fazit
Jede Wohnform weist Vor- und Nachteile auf. «Angehörige von Menschen mit Demenz sollten sich bei Beratungsstellen informieren, um die geeignete Wohnform zu finden», sagt Jacqueline Wettstein. Sie rät Erkrankten, sich bereits im Anfangsstadium der Krankheit mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und die individuellen Wünsche den Angehörigen mitzuteilen.