Pflege

Das Wesen der Palliativpflege: Mehr als nur Medizin

Palliativpflege ist ein spezialisierter medizinischer Ansatz zur Linderung von Beschwerden bei unheilbaren Krankheiten. Dabei steht die Steigerung der Lebensqualität, die Würde und das Recht des Patienten auf ein schmerzfreies Leben im Vordergrund. Ein multidisziplinäres Team betreut den Patienten ganzheitlich, wobei physische, emotionale und spirituelle Bedürfnisse gleichermassen berücksichtigt werden. In der Schweiz ist diese Form der Pflege dank hohen Standards und Bildungsinitiativen besonders entwickelt.

Schwerstkranke Menschen sollen sich so wohl wie nur möglich fühlen.
Schwerstkranke Menschen sollen sich so wohl wie nur möglich fühlen. © LPETTET / E+

Palliativpflege – das Wichtigste in Kürze:

  • Palliativpflege ist eine Pflege, die Beschwerden lindert, wenn Heilung nicht mehr möglich ist.  Was die Pflege umfasst
  • Die Palliativpflege zielt darauf ab, dass sich der Patient oder die Patientin körperlich so wohl wie möglich fühlt. Welche Aspekte sind zentral?
  • Die Aufgaben in der Palliativpflege sind vielfältig und richten sich darauf, den Komfort der Patienten zu verbessern. Zu den Aufgaben 
  • Die Finanzierung der häuslichen Palliativpflege ist für viele Familien zentral. Was die Krankenkasse übernimmt
  • Die Möglichkeit, den letzten Lebensabschnitt in der gewohnten Umgebung zu verbringen, kann sowohl für den Patienten als auch für die Familie beruhigend und tröstend sein. Was die Nachteile sind

Martina, 68 Jahre alt, lebt mit einer unheilbaren Krebserkrankung. Jeden Morgen, noch bevor die Vögel anfangen zu singen, spürt sie die drückenden Schmerzen. Doch seitdem sie Palliativpflege in Anspruch nimmt, hat sich vieles verändert. Lena, ihre Pflegefachfrau, besucht sie regelmässig zu Hause. Lena versteht nicht nur Martinas körperliche Leiden, sondern auch ihre emotionalen und spirituellen Bedürfnisse. Sie nimmt sich Zeit, hört Martina zu und sorgt dafür, dass ihre Medikamente die Schmerzen lindern, ohne sie völlig zu betäuben. Gemeinsam trinken sie oft Tee und blicken in den Garten, während sie über alte Zeiten plaudern. Für Martina ist Lena wie dieser schützende Mantel, von dem sie immer gehört hat – ein Mantel aus Geborgenheit, Verständnis und menschlicher Nähe, der ihr hilft, ihre verbleibende Zeit so autonom und würdevoll wie möglich zu gestalten. Darauf weist auch die Wortbedeutung hin: Das lateinische Wort pallium heisst Mantel und Umhüllung.

Definition: Was versteht man unter Palliativpflege?

Palliativpflege ist eine Pflege, die Beschwerden lindert, wenn Heilung nicht mehr möglich ist. Damit ist sie ein Teil des übergeordneten Begriffes Palliative Care. «Sie umfasst die palliative Medizin, die Pflege und die Begleitung von schwer kranken Menschen, die von einer unheilbaren oder lebensbedrohlichen Krankheit betroffen sind, und von ihren Angehörigen», erklärt Renate Praxmarer, Co-Leiterin Palliativer Brückendienst bei der Krebsliga Ostschweiz. Palliativ Care integriert also alles, was nötig ist, um Menschen ihren letzten Lebensabschnitt so lebenswert wie möglich zu machen.

Wann beginnt die palliative Phase? Die palliative Phase setzt in der Regel ein, wenn die Möglichkeiten, eine lebensgefährliche Krankheit zu heilen, ausgeschöpft sind.

Das Konzept der palliativen Versorgung

Die Palliatifpflege fokussiert sich auf die Steigerung der Lebensqualität von Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen durch Linderung von Leiden und Schmerzen. Grundlegend in dieser Philosophie ist die Würde und das Recht des Einzelnen auf ein schmerzfreies Leben. Ein essenzieller Aspekt ist das multidisziplinäre Team aus Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften und weiteren Fachleuten, das gemeinsam einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, um alle Bedürfnisse des Patienten und seiner Familie zu berücksichtigen.

Palliativpflege: Die zentrale Rolle in der medizinischen Versorgung

Die Palliativpflege spielt eine zentrale Rolle in der medizinischen Versorgung, indem sie sich darauf konzentriert, die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen zu verbessern und zu erhalten. Sie adressiert physische, emotionale, soziale und spirituelle Bedürfnisse und stellt den Patienten und seine Familie in den Mittelpunkt der Versorgung. Im Gegensatz zu anderen Pflegeformen, bei denen es oft um Heilung oder Rehabilitation geht, liegt der Fokus der Palliativpflege darauf, Symptome zu lindern, Komfort zu bieten und den Patienten in seinem letzten Lebensabschnitt zu begleiten. In der Schweiz hat sich die Palliativpflege dank eines starken gesundheitlichen Netzwerks und gezielter Bildungsinitiativen zu einem festen Bestandteil der Gesundheitslandschaft entwickelt. Ihre Praktiken und Standards sind hier besonders hoch, was die Schweiz zu einem Vorbild in diesem Bereich macht.

Palliativpflege: Geschichte und Bedeutung 

Vom Einfluss der Hospizbewegung bis heute hat sich die Palliativpflege stark entwickelt und ist nun eine wichtige medizinische Disziplin. In der Schweiz gibt es rechtliche Regelungen und Standards, die Qualität in der Pflege gewährleisten und den Patienten in den Mittelpunkt stellen. Ein Schlüsselelement ist die Möglichkeit der häuslichen Versorgung, die Patienten ermöglicht, in einer vertrauten Umgebung ihren Lebensabend zu verbringen, unterstützt von qualifizierten Pflegekräften.

Was gehört alles zur Palliativpflege?

Das oberste Ziel der Palliativpflege ist es, den Patienten körperlich bestmöglich zu unterstützen und Wohlbefinden zu fördern.

Weitere Kernbereiche der Pflege: 

  • Linderung von Schmerzen und anderen Beschwerden wie Atemnot, Übelkeit und Verdauungsproblemen
  • Gewährleistung der Körperpflege
  • Fachgerechtes Lagern des Patienten im Bett.


Erweiterte Palliativ Care: Fokus liegt darauf, die gesamte Lebenssituation des Patienten zu verbessern und zu entspannen. Gespräche mit Fachpersonen helfen bei der Bewältigung von Emotionen wie Ängsten, Wut und Trauer. Diskussionen über Lebenssinn und den Abschied von geliebten Menschen. 

Teamansatz: Die gesamte Betreuung ist ein Teamansatz, bei dem Angehörige und verschiedene Fachpersonen wie Ärzte, Spitex, Pflegefachpersonen, Therapeuten und Seelsorger zusammenarbeiten, um den Patienten und die Familie ganzheitlich zu unterstützen.

Ein kranker Mann sitzt am Fenster, während eine Pflegerin bei ihm steht.
In der Palliativpflege sprechen die Pflegefachkräfte auch über die Sorgen und Ängste der Patienten. ©  LPETTET /     iStock / Getty Images Plus

Palliativpflege: Das sind die Aufgaben

Die Aufgaben in der Palliativpflege sind vielfältig und richten sich darauf, den Komfort, die Würde und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen, unheilbaren Krankheiten zu verbessern. 

Schmerz- und Symptomkontrolle

Das Hauptziel der Palliativpflege besteht darin, den Patienten von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen zu befreien oder sie auf ein akzeptables Mass zu reduzieren. Dazu gehören Medikamente zu verabreichen, um Schmerzen zu lindern, Übelkeit zu reduzieren, Atemnot zu kontrollieren und andere Symptome zu behandeln.

Psychosoziale Unterstützung

Palliativpflege umfasst auch die Unterstützung der Patienten und deren Familien auf psychosozialer Ebene. Das heisst: emotionale Unterstützung, Gespräche über Ängste und Sorgen führen, beraten bei Entscheidungen am Lebensende, Hilfe anbieten bei der Bewältigung von Trauer und Verlust, und die Kommunikation und Beziehungen mit Angehörigen fördern.

Lebensqualität verbessern

Palliativpflege hat das Ziel, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Dies kann durch die Unterstützung bei der Erfüllung persönlicher Wünsche und Ziele, die Förderung von sozialen Aktivitäten, die Bereitstellung von kulturellen und spirituellen Ressourcen und die Schaffung einer angenehmen Umgebung erreicht werden.

Fortgeschrittene Pflegeplanung

Palliativpflege beinhaltet auch die Planung für den Fall einer Verschlechterung des Gesundheitszustands der Patienten. Dies umfasst die Festlegung von Behandlungsvorlieben, die Erstellung von Patientenverfügungen und die Unterstützung bei Entscheidungen über lebenserhaltende Massnahmen.

Unterstützung der Angehörigen

Palliativpflege bezieht auch die Unterstützung und Betreuung der Angehörigen mit ein. Dies kann emotionale Unterstützung, Anleitung bei der Pflege des Patienten, Hilfestellung bei administrativen Aufgaben und Unterstützung bei der Trauerbewältigung umfassen.

Ausbildung in der Palliativpflege

Die Ausbildung in der Palliativpflege ist essenziell, um Patienten am Lebensende optimal zu versorgen. Sie schult Fachkräfte darin, physische, psychische und spirituelle Bedürfnisse zu adressieren. Neben Schmerzmanagement und Symptomkontrolle beinhaltet sie Kommunikation und ethische Aspekte. Ziel ist es, Patienten und Familien umfassend zu begleiten. Länder wie die Schweiz haben standardisierte Ausbildungsprogramme, um die Qualität in diesem sensiblen Bereich zu gewährleisten.

Was bedeutet Palliativpflege zu Hause?

In Ruhe sein, am besten in den vertrauten vier Wänden – das ist es, was sich schwerstkranke Menschen immer wieder wünschen. Palliativpflege hat deshalb besondere Bedeutung. Denn wenn keine besonderen Infektionen auftreten und die Schmerzen erträglich bleiben, lässt sich Palliativpflege im Pflegeheim oder zu Hause durchführen. 

Kostenübernahme: Wer zahlt Palliativpflege zu Hause?

«Die Betreuung palliativer Patienten zu Hause erfolgt in erster Linie durch den Hausarzt und die lokal zuständige Spitexorganisation», erklärt Renate Praxmarer. Doch wer zahlt die Palliativpflege? «Leistungen medizinischer und pflegerischer Art wie die Vorbereitung und Verabreichung von Medikamenten, Grundpflege, Abklärung, Beratung und Koordination werden von der obligatorischen Krankenversicherung abgedeckt», erklärt das Bundesamt für Gesundheit.  Es wird empfohlen, vorab die Kosten mit der Krankenkasse und regionalen Beratungsstellen zu klären. Regionale Beratung findet sich hier

Voraussetzungen für die häusliche Palliativpflege

Die Entscheidung für eine häusliche Palliativpflege basiert auf mehreren Voraussetzungen, sowohl aus medizinischer als auch aus organisatorischer Sicht. Zunächst muss der gesundheitliche Zustand des Patienten eine Versorgung zu Hause erlauben. Das bedeutet, dass akute medizinische Interventionen, die nur in einem Krankenhaus durchgeführt werden können, nicht unmittelbar erforderlich sein sollten. Des Weiteren muss die häusliche Umgebung sicher und für die Pflege geeignet sein. Dazu gehören ausreichende räumliche Gegebenheiten und die Verfügbarkeit notwendiger medizinischer Hilfsmittel. Die Unterstützung durch Familienmitglieder oder nahestehende Personen sind oftmals unerlässlich, da sie bei der Pflege assistieren und die Kommunikation zwischen dem Pflegeteam und dem Patienten erleichtern können.

Schliesslich ist es wichtig, dass ein qualifiziertes multidisziplinäres Team verfügbar ist, das die häusliche Palliativpflege übernimmt und regelmässig Besuche durchführt, um den Zustand des Patienten zu überwachen und die notwendige Versorgung zu gewährleisten. Alle diese Voraussetzungen zusammenstellen sicher, dass der Patient die bestmögliche Versorgung in der vertrauten Umgebung seines Zuhauses erhält.

24-Stunden-Palliativpflege zu Hause

Die 24-Stunden-Palliativpflege zu Hause stellt eine intensive Form der Betreuung dar, bei der Patienten rund um die Uhr von qualifizierten Pflegefachkräften versorgt werden. Dieses Modell gewährleistet, dass die Bedürfnisse und Anforderungen des Patienten zu jeder Tages- und Nachtzeit adressiert werden, wodurch sowohl physischer Komfort als auch emotionale Unterstützung maximiert werden. Besonders für Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien oder bei denen akute Symptome auftreten können, bietet diese Form der Pflege eine wertvolle Option. Sie ermöglicht es den Patienten, in der Geborgenheit und Vertrautheit ihrer eigenen vier Wände zu verbleiben, während sie gleichzeitig von Experten betreut werden. Dies nicht nur zur Linderung körperlicher Beschwerden, sondern auch zur Bewältigung emotionaler und psychologischer Herausforderungen. Die 24-Stunden-Palliativpflege erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Pflegeteam, dem Patienten und dessen Familie, um eine individuell abgestimmte und ganzheitliche Versorgung zu gewährleisten.

Palliativpflege beantragen

Das Beantragen von Palliativpflege ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien oder am Lebensende eine qualitativ hochwertige und individuell zugeschnittene Versorgung erhalten. In der Regel beginnt der Prozess mit einer Empfehlung oder Überweisung durch den behandelnden Arzt, der den Bedarf an palliativer Versorgung feststellt. Die genauen Vorgehensweisen und Formalitäten können je nach Region und Krankenversicherung variieren. Häufig ist eine ausführliche medizinische Dokumentation erforderlich, um den Zustand des Patienten und den spezifischen Bedarf an Palliativpflege zu belegen. Nachdem ein Antrag gestellt wurde, wird dieser von einem spezialisierten Team oder einer zuständigen Stelle geprüft. Bei Genehmigung wird dann ein individueller Pflegeplan erstellt, der auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist. Es ist empfehlenswert, sich frühzeitig über die spezifischen Antragsverfahren zu informieren und gegebenenfalls Unterstützung durch Sozialdienste oder Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen, um den Prozess zu erleichtern.

Palliativpflege zu Hause – Erfahrungen

Die Entscheidung für Palliativpflege im häuslichen Umfeld wird oft von dem Wunsch getragen, in vertrauter Umgebung zu verbleiben und von geliebten Menschen umgeben zu sein. Viele Patienten und Angehörige berichten von positiven Erfahrungen mit dieser Form der Pflege, da sie eine intime und individuell zugeschnittene Betreuung ermöglicht. Die Möglichkeit, den letzten Lebensabschnitt in der gewohnten Umgebung zu verbringen, kann sowohl für den Patienten als auch für die Familie beruhigend und tröstend sein. Allerdings kann die häusliche Palliativpflege auch Herausforderungen mit sich bringen, wie die Koordination verschiedener Dienste oder die emotionale Belastung für die Familie. Dennoch betonen viele, dass die Vorteile – wie die persönliche Nähe, der individuelle Rhythmus und die vertraute Umgebung – diese Schwierigkeiten oft überwiegen. Eine offene Kommunikation zwischen den Pflegekräften, dem Patienten und den Angehörigen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Pflege optimal auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt ist und alle Beteiligten gut unterstützt werden.

Was ist der Unterschied zwischen Palliativpflege und palliative care?

Palliative Care bezeichnet einen ganzheitlichen Ansatz zur Versorgung von Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen, wobei der Fokus auf der Linderung von Symptomen, Schmerzen und dem emotionalen Wohlbefinden liegt. Palliativpflege hingegen konzentriert sich speziell auf die pflegerische Dimension dieses Ansatzes, also auf die praktische Unterstützung und Versorgung des Patienten. Während «Palliative Care» das gesamte Spektrum der Betreuung einschliesst, bezieht sich «Palliativpflege» gezielter auf die pflegerischen Tätigkeiten innerhalb dieses Rahmens.

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